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Filmrezension: Für Fortgeschrittene

Sex (2): die Doku "Five Sex Rooms und eine Küche“. Dass auch Körper und Lüste unter die Gesetze des Marktes fallen, bringt kein Weltbild mehr ins Wanken. Das Unbehagen, das der Film dennoch erzeugt, ist eher formaler Natur.

Können Hunde sich langweilen? Dieser sieht so aus, denn um ihn herum herrscht geschäftiges Treiben. Frauen strapsen sich auf, Männer kommen und gehen, Telefone klingeln: „Naja, das Übliche halt, Schwanz abbinden, klammern, Brustwarzen- und Genitalnadelung – wir haben für jeden Geschmack etwas dabei.“ Kaum ist der Hörer aufgelegt, erstirbt das Lächeln.

Eva C. Heldmann erzählt in ihrem Dokumentarfilm „Five Sex Rooms und eine Küche“ von Frauen, die ihren Lebensunterhalt mit Prostitution verdienen. Tara, Tina, Nadine und Cindy verkaufen ihre Körper nicht aus Mangel an Alternativen, sondern weil sie Spaß am Sex haben. Oder weil es ihnen nichts ausmacht: „Ich habe in meinem Leben so viel gevögelt. Das ist einfach, wie wenn ich mit jemandem Kaffee trinke. Was ist an ’ner Muschi so heilig? Oder an ’nem Schwanz?“ Tara betreibt das Geschäft mit der Lust nüchtern und souverän. In ihrem Bordell ist der Kunde nur bedingt König, die Regeln des käuflichen Liebesspiels geben die Frauen vor.

Heldmann transportiert diese Selbstbestimmung geschickt, indem sie auf eine Erzählstimme verzichtet und die Frauen und Bilder für sich sprechen lässt. Leider erfährt man dabei etwas zu wenig von den Prostituierten – und etwas zu viel von den erotischen Neigungen der Gäste. Da ist der Mann, der sich nicht traut, seiner Freundin zu offenbaren, dass er auf Natursektspiele steht. Oder der Kunde, der, um nicht als homosexuell zu gelten, seine bisexuellen Neigungen nur auslebt, wenn es ihm von einer Domina befohlen wird.

Dass auch Körper und Lüste unter die Gesetze des Marktes fallen, bringt kein Weltbild mehr ins Wanken. Das Unbehagen, das der Film dennoch erzeugt, ist eher formaler Natur. Die Arbeitsroutine der Frauen zeigt Heldmann in langen Einstellungen und redundanten, wackeligen oder seltsam schrill eingefärbten Bildern: High Heels, die leere Gänge auf und ab wanken, eine sich drehende Waschmaschinentrommel, die wartenden, rauchenden Frauen, der müde Hund. Die Regisseurin verlässt sich zu sehr auf die Brisanz des Themas. Sex sells? Diesmal ist’s vergebliche Liebesmüh. Kerstin Roose

Brotfabrik, Eiszeit

Kerstin Roose

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