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© ddp

Interview: "In Amerika würde man mir ständig reinreden"

Til Schweiger lebt nach Jahren in Hollywood wieder in Deutschland und genießt die Vorzüge des Landes. Sein jüngster Film "Keinohrhasen" kommt am 20. Dezember in die Kinos.

In der romantischen Komödie übernahm er die Hauptrolle an der Seite von Nora Tschirner und Matthias Schweighöfer, führte Regie, schrieb am Drehbuch mit und war Produzent.

In "Keinohrhasen" spielen Sie den Boulevardreporter Ludo. Bot sich damit auch die Gelegenheit zur Rache für negative Erfahrungen, die Sie im Umgang mit der Presse machen mussten?

Til Schweiger: "Sicherlich haben mich einige Erlebnisse inspiriert. Doch wenn ich mich hätte rächen wollen, wäre es ein ganz anderer Film geworden. Dann hätte ich den Boulevardjournalisten als richtig fiesen Typen dargestellt, das ist Ludo ja ganz und gar nicht. Außerdem gibt es auch unter Boulevardreportern welche, die ich sehr schätze."

Seit Ihrer Rückkehr nach Deutschland mussten Sie sich daran gewöhnen, auch mit Ihrem Privatleben wieder mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit zu stehen. Vermissen Sie das ruhige Leben in Amerika?

"Man kann halt nicht alles haben. Klar werden wir - Dana, die Kinder und ich - hier von Paparazzi deutlich mehr belagert. Besonders am Anfang war es extrem schlimm. Der Vorteil in Amerika war eben, dass man seine Ruhe hatte. Til Schweiger? Nie gehört, bekam man dort als Antwort. Schauspieler? Schauspieler ist hier jeder!"

Würden Sie denn noch einmal dort leben wollen?

"Nein, im Moment kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen. Man war zwar dort weitab vom Schuss - ein Riesenvorteil. Das Wetter - ebenfalls ein Riesenvorteil. Aber ansonsten? Man trifft nur Menschen, die überlegen, wer ihnen nützen kann. Das vermisse ich absolut nicht! Außerdem genieße ich, dass ich in Deutschland meine Filme so umsetzen kann, wie ich es will. In Amerika würde man mir ständig reinreden."

Wie kommen Ihre Kinder damit klar, dass Ihr Vater plötzlich überall erkannt wird? Können sie dennoch weitgehend unbehelligt aufwachsen?

"Besonders bei der Trennung gab es einige Zwischenfälle mit Journalisten und Paparazzi, die ziemlich ärgerlich waren. Aber mittlerweile werden sie verschont und können inzwischen relativ behütet aufwachsen. Sie gehen auf eine internationale Schule und treffen dort auf Kinder, die mit meinem Namen nichts anfangen können. Es besteht also keine Gefahr, dass sie als Prominentenkind bevorzugt oder gemobbt werden."

Für "Keinohrhasen" standen Ihr Sohn Valentin (12) und ihre drei Töchter Luna (10), Lilli (9) und Emma Tiger (5) vor der Kamera. Würden Sie Ihre Kinder in ihrem Wunsch bestärken, wenn sie später einmal in die Fußstapfen ihres Vaters treten wollen?

"Wenn ich das Gefühl habe, dass sie das wirklich wollen, auf jeden Fall. Es ist doch absurd, wenn Schauspieler sagen, sie wollen nicht, dass ihre Kinder ebenfalls Schauspieler werden! Auch wenn ich im nächsten Leben gleich direkt hinter die Kamera wechseln würde, macht mir doch auch die Arbeit davor noch immer Spaß. Aber egal, was für ein Star man auch ist, man hat überhaupt keinen Einfluss auf das Endprodukt."

Denken Sie denn daran, die Schauspielerei komplett aufzugeben und sich nur noch auf die Regiearbeit zu konzentrieren?

"Nein. Ich habe zwar diese kreative Ader und mir macht es viel mehr Spaß, selbst zu gestalten als nur ein Teil davon zu sein. Doch man muss auch eines ganz klar sehen: Als Schauspieler verdient man viel mehr Geld mit weniger Arbeit."

Bei "Keinohrhasen" haben Sie wie schon bei "Barfuß" nicht nur die Hauptrolle übernommen, sondern auch Regie geführt, waren Co-Autor und Produzent. Ein Projekt, das Sie nicht aus den Händen geben wollten?

"Ja, das sind eben Projekte, bei denen ich MEINEN Film erzählen kann. So, wie ICH ihn mir erträumt habe. Schon beim Schreiben habe ich die ganzen Szenen vor mir gesehen, die Filmmusik dazu im Kopf gehabt. Mein Wunsch war es, eine echte romantic comedy zu machen. Nicht nur eine Beziehungskomödie oder einen Schwank, sondern einen Film, bei dem man viel lachen kann, aber auch emotional berührt wird."

Mit Boulevardreporter Ludo und Kindergärtnerin Anna, gespielt von Nora Tschirner, prallen darin zwei vollkommen unterschiedliche  Charaktere aufeinander. Und finden am Ende doch zusammen?

"Das Konzept für einen solchen Film ist ja immer gleich: Zwei Menschen, die scheinbar nicht zusammenpassen, kommen zusammen. Als Zuschauer weiß man auch, dass sie am Schluss zusammenfinden. Interessant und reizvolle Herausforderung ist es, den Weg dahin zu zeigen."

Ist Ihnen eine Happy End auf der Leinwand generell lieber?

"Ich habe eine Vorliebe für Filme, die stimulieren - in beide Richtungen. Ich finde es klasse, wenn ich im Kino lachen kann, aber auch, wenn mich ein Film traurig macht. Aber ich mag keine Filme ohne Happy End. Ein offenes Ende schon eher, dann kann man sich den Ausgang der Geschichte noch selbst zusammenbauen. Aber einen Film, der mir am Schluss einfach nihilistisch sagt, dass die Welt schlecht ist, den will ich nicht sehen. Hoffnung muss sein!"

Eine Botschaft Ihres Films lautet: Man sieht sich immer zweimal im Leben...

"Ja, ich denke, jeder Mensch sollte seine Umwelt so behandeln, wie er selbst behandelt werden möchte. Außerdem gehöre ich zu denjenigen, die es auch zugeben können, wenn sie Fehler gemacht haben. Ich kenne viele Menschen, die dazu nicht in der Lage sind. So etwas bringt mich auf die Palme!"

Mit Matthias Schweighöfer als Paparazzo und Nora Tschirner haben Sie zwei Jungstars für die Hauptrollen engagiert. Was schätzen Sie an Ihren Nachwuchskollegen?

"Matthias ist der neue Star am Schauspielhimmel. Der wird eine große Karriere machen, weil er mit seinen 25 Jahren schon auf so unglaublich hohem Niveau spielt. Nora hat ein wahnsinniges Comedy-Timing und ist eine unglaublich authentische Schauspielerin. Außerdem kommt sie bei Männern und Frauen gleichermaßen gut an - das erlebt man selten."

Der Film startet am 20. Dezember in den Kinos. Sie schreiben aber bereits an der Fortsetzung?

"Wenn erst einmal die Schmetterlinge bei den beiden Verliebten verflogen sind und der Alltag einkehrt, gibt es extrem viel Stoff für eine weitere Geschichte. Im Sommer nächsten Jahres werde ich jedoch zunächst mit Rick Kavanian eine im Mittelalter spielende Buddy-Comedy drehen. Außerdem hoffe ich noch immer auf eine Fortsetzung von "Manta, Manta". Am liebsten so emotional wie "Rocky Balboa" - nur lustiger. "Manta, Manta" ist schließlich nach wie vor mein populärster Film."

Wird es auch wieder Projekte in Hollywood geben oder haben Sie sich von Amerika ganz verabschiedet?

"Ich werde auf jeden Fall auch dort weiter am Ball bleiben. Das Problem ist, dass man in Amerika als Europäer in Filmen immer nur den Bösen mimen darf, es sei denn, man hat ganz viel Glück. Ich hatte das dort bislang nicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass die guten Rollen erst noch kommen, wenn ich älter bin. Dann gibt es auch für Europäer mehr Charakterrollen."

Dorit Koch[dpa]

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