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Und was wenn linkische Männer sich verlieben? P.S. Hoffmann spielt Jack.

© alamode

„Jack in Love“: Wird schon schiefgehen

Verkuppeln ist Glückssache: Philip Seymour Hoffmans Regiedebüt „Jack in Love“ über einen New Yorker in den Vierzigern, der einen ehrgeizigen Selbstverbesserungsprozess startet, um seine Angebetete zufrieden zu stellen.

Jack und Clyde sind Kollegen und beste Freunde, Lucy ist Clydes Ehefrau, und Connie ist Lucys neue Kollegin. Clyde und Lucy möchten Jack mit Connie verkuppeln und laden die beiden zum Abendessen ein. Es funktioniert, Jack verliebt sich in Connie und beginnt einen ehrgeizigen Selbstverbesserungsprozess, um Connies Erwartungen zu erfüllen.

Diese simple Ausgangssituation nutzt Hollywoodstar Philip Seymour Hoffman in seinem Regiedebüt für eine subtile Komödie über vier New Yorker in ihren Vierzigern, die auf Wendepunkte hinmäandern. Die vier Protagonisten, ihre Beziehungen untereinander und ihre teils geheimen, teils artikulierten Hoffnungen und Ängste tragen und treiben die Handlung voran.

Der Film beruht auf einem Theaterstück – und so theatral ist die Figurenkonstellation und die dramatische Zuspitzung der Geschichte auf eine Dinnerparty in der Wohnung von Clyde und Lucy angelegt. „Jack Goes Boating“ (so der Originaltitel des Films) lief 2007 erfolgreich in einem New Yorker Off-Broadway-Theater, Autor Bob Glaudini arbeitete sein eigenes Stück zum Drehbuch um. Eine Bühnenvorlage kann eine schwere Hypothek sein. Hier jedoch profitiert der Film erheblich davon, dass drei der Protagonisten – neben Hoffman (Jack) noch John Ortiz (Clyde) und Daphne Rubin-Vega (Lucy) – ihre Rollen bereits auf der Bühne gespielt haben. Die Schauspieler wie auch Autor Glaudini sind langjährige Mitglieder der LAByrinth Theater Company. Das Ensemble ist hervorragend eingespielt – und kompensiert damit gelegentliche dramaturgische Schwächen. In jeder Szene ist zu spüren, dass die Schauspieler genau wissen, was in ihren Figuren vorgeht.

Besonders die Titelrolle scheint Glaudini seinem Kompagnon auf den massigen Leib geschrieben zu haben. Jack ist eine typische Philip-Seymour-Hoffman-Figur: Aus Angst vor Zurückweisung wagt er sich nur ungern aus der Defensive, seine soziale Ungelenkheit erzeugt peinliche Stille, und die meisten Sätze lässt er versanden, bevor er bei deren Kern angelangt ist. Hoffman spielt und inszeniert diese Figur mit Mut zur Hässlichkeit und schonungsloser Nähe. So wächst dem Zuschauer sogar ein Charakter ans Herz, von dem er kaum mehr erfährt, als dass er den Rocksteady-Klassiker „Rivers of Babylon“ liebt.

Denn weniger, wer die Figuren sind, ist für die Geschichte entscheidend, als vielmehr, wer sie sein möchten. Sowohl Jack als auch Clyde wollen ihre berufliche Position als Chauffeure im Limousinen-Service von Jacks Onkel verbessern: Jack bewirbt sich bei der New Yorker Verkehrsbehörde, Clyde besucht abendliche Fortbildungen. Leichtfertig verabredet sich Jack mit Lucy zu einer Ruderpartie und muss mit Clydes Hilfe erst einmal schwimmen lernen – und noch leichtfertiger lädt er sie zum Abendessen ein und braucht daraufhin einen Kochkurs. Immer wieder werden Dinge in der Fantasie durchgeführt und eingeübt. Es geht um die Welt als Wille und Vorstellung, um die Möglichkeit, die Wirklichkeit via Vorstellung zu verändern.

Doch neben dieser konstruktiven Kraft hat die Fantasie auch zerstörerisches Potenzial: Sie ist schwer zu kontrollieren und kann Ungewissheit in Eifersucht verwandeln. Der unschuldigen Befangenheit der frischen Liebe von Jack und Connie steht die komplexbeladene Ehe von Clyde und Lucy gegenüber. Allmählich zeigt sich, dass beide mit Jacks Verkuppelung womöglich von eigenen Beziehungsproblemen ablenken wollen.

Bei aller Einfachheit bleibt weitgehend unvorhersehbar, worauf die Geschichte hinausläuft. Es ist ein Kino-Gesetz: Je gründlicher und erfolgreicher geprobt wird, desto zwangsläufiger misslingt der Ernstfall. Philip Seymour Hoffman erliegt nicht der Versuchung, das Scheitern der Protagonisten zur Farce zu machen, sondern bewahrt eine empathische Position gegenüber seinen Figuren. Womit der Regie-Debütant seine Bewährungsprobe bestanden hätte.

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