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Kino: Ein Schiff namens Providence

Die Menschenfischer: "True North", das Regiedebüt des Schauspielers Steve Hudson.

Der alte Fischkutter ist alles, was Sean (Martin Compson) und sein Vater (Gary Lewis) besitzen. Aber auch der gehört eigentlich der Bank. Als die „Providence“ in Ostende einläuft, war der Fang wieder einmal zu mager, um die Raten zu bezahlen. Mit illegaler Fracht ließe sich besseres Geld verdienen, rät Bootsmann Riley (Peter Mullan) und steckt dem Kapitänssohn eine Adresse zu. Aber als Sean zu dem zwielichtigen Transportunternehmer Kontakt aufnimmt, soll er statt Zigaretten 20 chinesische Emigranten ins Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreiches schmuggeln.

Zögernd lässt er sich auf das Geschäft ein und bringt die lebendige Fracht hinter dem Rücken seines Vaters an Bord. Nur Riley, der sich über den Nebenverdienst freut, weiht er in das Vorhaben ein. Aber als die „Providence“ in See sticht, entfaltet sich in der klaustrophobischen Enge des Bootes ein menschliches Drama, das die Moral jedes einzelnen Besatzungsmitgliedes auf den Prüfstand stellt. Um beim Zoll keinen Verdacht zu erwecken, muss genug Fisch gefangen werden, bevor man in den schottischen Hafen einlaufen kann. Und so kreuzt der Kutter auf der Suche nach einem guten Fang durch die Nordsee, während sich die gesundheitliche Situation der Flüchtlinge im Laderaum jeden Tag verschlechtert. Als schließlich ein Sturm aufkommt, lässt sich die illegale Fracht nicht länger vor dem Skipper geheim halten.

Ein Kammerspiel auf offener See entwirft Steve Hudson in seinem Kinodebüt „True North“. Dabei überzeugt er vor allem durch glaubwürdige, kantige Figuren, die in die Ausweglosigkeit einer klassischen griechischen Tragödie hineingedrängt werden. Wie Treibgut werden die Protagonisten zwischen ihren egoistischen Interessen und dem Mitgefühl für die menschliche Fracht hin- und hergerissen. Ihr Kampf wird nicht aus der Position moralischer Überlegenheit beobachtet, sondern mit einem aufrichtigen Forschungsinteresse gegenüber den Abgründen der menschlichen Seele. Ein vielversprechendes Regiedebüt des britischen Schauspielers Steve Hudson, der seine Geschichte vollkommen ungeschwätzig erzählt und die metaphorischen Tiefen des maritimen Sujets effektvoll auslotet.

In Berlin im Eiszeit und dem Kino in der Kulturbrauerei

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