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Roadmovie: In die Pilze

Erst Roadmovie, dann Trip: Michael Glawoggers Drogenklamotte „Contact High“

Wer als Geisterfahrer durchs Leben brettert, muss sich nicht wundern, wenn ihm Gegenverkehr entgegenkommt. „Hast du auch so ein verkehrtes Gefühl?“, fragt der Max den Johann, aber der entgegnet nur: „Nein, nur die anderen tun so komisch.“ Die beiden selbst ernannten „funny people“ kämpfen sich mühsam zum Bahnhof von Lodz, während um sie herum alle anderen rückwärtslaufen. Dafür sprechen sie selber falschherum, so dass ihre Dialoge untertitelt werden müssen.

Fehler 1 war, dass sich die Antihelden, die normalerweise in Wien den Imbiss „Wurst & Durst“ betreiben, überhaupt darauf einließen, für den Freund eines Freundes nach Polen zu fahren, um eine Tasche abzuholen, angeblich eine ganz easy Sache und ein Mordsgeschäft. Fehler 2, dass sie vor einem Diskobesuch Ecstasy geschluckt und von diesen Broten mit Pilzaufstrich gegessen haben. „Contact High“der neue Film des österreichischen Regisseurs Michael Glawogger, beginnt als Roadmovie ins osteuropäische Hinterland und wird zum halluzinogenen Trip. Da verwandeln sich Menschen in bellende Köter, die Schmetterlinge auf einer psychedelisch gemusterten Tapete beginnen zu fliegen, und Max und Johann erwachen – ein schöner Gag – in über Nacht auf Kindergröße geschrumpften Hotelbetten. Doch der irrwitzigen, von lauter Volldeppen bevölkerten Drogenklamotte geht es wie einem schlecht gedrehten Joint: Am Ende zerbröselt die Handlung.

„Contact High“, ein Begriff aus dem Kifferslang der sechziger Jahre, bezeichnet einen Zustand, in dem jemand so zugedröhnt ist, dass es ausreicht, ihm nur zu begegnen, um selber „high“ zu werden. Ähnlich verhält es sich mit dem Film, dessen Humor so derb ist, dass er eine Zeit lang tatsächlich hochgradig ansteckend wirkt. Selbst schlechteste Wortspiele à la „I want my bag back“ werden nicht verschmäht, und als diese Tasche dann im Slapstick der Verfolgungsjagden verloren geht, entfalten sich Dada-Dialoge wie „War die Tasche immer schon so gelb?“ – „Sie war relativ gelb, aber so ganz gelb nicht“. Glawogger dürfte nicht bloß ein paar Joints, sondern auch einige Tarantino-Filme zu viel konsumiert haben.

Doch anders als bei Tarantino fehlt seinen Figuren das Abgründige, sie bleiben Abziehbilder. Detlev Buck schwuchtelt als Gangsterboss etwas viel herum, Georg Friedrich ist als sein Adlatus so blöd, dass er nicht einmal Blondinenwitze begreift, und Michael Ostrowski und Raimund Wallisch als Max und Johann stilisieren sich zwar mit Cowboyhut und Sonnenbrille zu Asphalt-Djangos, doch in brenzligen Situationen fällt ihnen bloß der Stoßseufzer „Was würde Chuck Norris jetzt machen?“ ein. Chuck Norris, so viel steht fest, würde weniger reden. Sondern gleich schießen. Christian Schröder

Central, Cinemaxx Potsdamer Platz, Kulturbrauerei, Kant-Kinos, Rollberg

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