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Shrek

© ddp

Shrek der Dritte: Für Schlammduscher

Vom Saubär zum Knuddelungeheuer: Shrek ist ein Antiheld, der das einfache Leben liebt. Leider ist der Film ein Sieg der Wiederholung über inspiriertes Schaffen.

Von Gregor Dotzauer

Wo der Morast mit sanften Spritzern den Morgentau umspielt, da erst atmet ein Oger des Lebens ganze Süße. Für Shrek, ein besonders wunderliches Exemplar der Gattung, gibt es nichts Erhebenderes, als mit Schlamm zu duschen und tagelang im eigenen Dreck vor sich hin zu dampfen. Wie jeder Oger ist auch er von den Trompetenohren bis zum grünen Zeh nah am Sumpf gebaut, rülpst gerne oder lässt mal einen fahren – und auch wenn es jemand mitbekommt, empfindet er dabei nicht die geringste Scham.

Shrek ist ein Fabelwesen ohne Arg: so sorg- und anspruchslos sich selber gegenüber, dass er, solange man ihn nicht reizt, auch gegenüber den übrigen Bewohnern seiner Märchenwelt, großzügig Nachsicht übt. Drum stinke, wem Gestank gegeben, scheint er, ein wahrer Propagandist innerer Werte, sich zu sagen. Und obwohl man seine moralische Integrität gar nicht hoch genug einschätzen kann, wäre er als König des Landes Weit Weit Weg wohl eine Fehlbesetzung.

Immerhin gehört es zu seiner Größe, das genauer zu erkennen als sein Schwiegervater, der Froschkönig, der ihm sterbend das Versprechen abringt, künftig die Geschicke des Landes zu lenken. Woraufhin Shrek sich mit seinen getreuesten Freunden, dem quasselnden Esel und dem Gestiefelten Kater, aufmacht, den einzigen anderen Kandidaten für das Amt, einen gewisssen Artus, aufzuspüren und dabei einen jämmerlich pubertierenden Artie entdeckt.

Wie vermeide ich es, König zu werden? Daraus besteht im Grunde schon die ganze Geschichte von „Shrek der Dritte“. In ihrem Verlauf wehrt der Held die Ambitionen des bösen Prince Charming auf den Thron ab, kämpft ansonsten aber vor allem damit, dass ihm seine Gattin, Prinzessin Fiona, einen kleinen Oger gebären will. Das ist deshalb so wenig, weil im Gegensatz zum ersten „Shrek“ alles offen zutage liegt. Jedes mythologische Versatzstück ist genau das, was es zu sein vorgibt und höchstens durch Parodie entstellt. Merlin, die einzige neue Figur im „Shrek“-Kosmos, ein verwirrter NewAge-Zauberer in Öko-Sandalen, dem seine magischen Kräfte durcheinander gekommen sind, mag ein liebenswerter Spinner sein, aber auch er reiht sich ein in die zwischen Gut und Böse klar geschiedenen Fronten. Jeder ist auf sofortige Wiedererkennbarkeit getrimmt, als hätte der eigentliche Witz nicht immer im Aufbegehren der Figuren gegen ihre Rolle gelegen. Selbst Shrek ist nicht mehr der alte Saubär, der er einmal war, sondern ein bald keimfreies Knuddelungeheuer.

Was für ein Triumph wäre es gewesen, noch einmal den Sieg der Variation über das schon durch und durch aus Zitaten bestehende Original zu feiern – also genau jenen freibeuterischen Gestus zu erneuern, mit dem der DreamWorks-Held „Shrek“ zum anarchischen Geniestreich avancierte. Drehbuchautor Ted Elliott und Regisseur Andrew Adamson, der jüngsten Folge noch als Autor verbunden, definierten damit nicht nur das Genre des Animationsfilms neu: Sie wiesen auch einer unter tonnenschweren Traditionen ächzenden Kunst einen möglichen Weg hin zu einer neuen Unschuld – und das aus dem Herzen der Industrie heraus.

„Shrek 2“ war schon nicht mehr zum Plündern aufgelegt. „Shrek der Dritte“ ist nun der Sieg der Wiederholung über den Einfall: ein stromlinienförmiges Produkt, das seinen Mangel an erzählerischer Kraft hinter einer Flut von Gags versteckt. Auf dieser Slapstick-Ebene ist Regisseur Chris Miller und seinen Leuten viel zu viel eingefallen. Darüber kann man ein paar Mal lachen. Der Rest ist Ödnis.

Ab Donnerstag in 31 Berliner Kinos, OV im Cinestar Sony-Center

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