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dewey cox

© ddp

''Walk Hard'': Vergesst Elvis, vergesst die Beatles!

Er war zu Lebzeiten verkannt, doch der Gott des Rock heißt Dewey Cox: Jake Kasdans „Walk Hard“ ist die ultimative Star-Biografie.

Die Frage, die man Filmen wie diesem stellt, lautet: Warum erst jetzt? Warum hat es mehr als 50 Jahre gedauert, bis das Leben von Dewey Cox, einem der größten Rockstars aller Zeiten, endlich verfilmt wurde? Meist heißt es dann: Die Zeit war noch nicht reif. Eine junge Generation von Musikern musste ihn erst neu entdecken. Er war zu Lebzeiten verkannt. Der Fall Dewey Cox aber liegt grundlegend anders. Sein Leben wurde nicht verfilmt, weil es ihn nie gegeben hat.

Gerade deshalb ist „Walk Hard“ die vielleicht beste Rockstar-Biographie aller Zeiten. Weil Dewey Cox niemals gelebt hat, gelingt es Regisseur Jake Kasdan, sein fiktives Leben als idealtypische Musikbiographie zu erzählen. Nicht nur, dass Dewey allen begegnet ist: Er traf Elvis backstage, kiffte in Indien mit den Beatles, jammte mit den Temptations und warf Pillen mit den Beach Boys ein.

Überflüssig zu sagen, dass wir es hier mit einer Komödie zu tun haben. John C. Reilly gibt den Star als liebenswerten Trottel, der eigentlich alles hat, was ein Rockstar braucht: eine Gitarre, einen Hit, ausreichend Groupies, eine Ehefrau, eine Geliebte und einen ordentlichen Drogenkonsum. Und damit das Leben nicht zur Endlos-Tournee ausartet, gibt es die tragische Kindheitsgeschichte als tiefenpsychologisches Extra, ohne das kaum ein pophistorisches Biopic funktioniert. So wurde Richie Valence in „La Bamba“ eine Flugangst angedichtet, Ray Charles litt in „Ray“ an den Erinnerungen an seinen ertrunkenen Bruder, und auch Johnny Cash kam in „Walk the Line“ nicht ohne Kindheitstrauma davon. Die Dewey-Cox-Story knüpft hier nahtlos an: Seit der kleine Dewey versehentlich beim Spiel mit der Machete seinen Bruder in zwei Hälften schnitt, treibt ihn der Ehrgeiz, dem Vater den toten Sohn zu ersetzen. Dass der über 40-jährige Schauspieler auch den 14-jährigen Dewey spielt, passt in die Groteske.

Reilly spielt Cox mit dem Körper des späten Elvis, der Stimme des alten Cash und der Anmut eines Kontrabasses. Quer durch die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts: In den prüden Fünfzigern ecken selbst harmlose Schlager an, in den Sechzigern schluckt Cox Pillen. Zwischendurch scheitert die Ehe des Tollpatsches, und am Ende wird er durch einen jungen Produzenten wiederentdeckt. Dass Jack White von der Band The White Stripes einen Gastauftritt hat, der im echten Leben gealterte Stars wie Loretta Lynn produziert, mag Kenner zum Schmunzeln bringen.

Überhaupt liegt die Komik des Films im Wiedererkennungseffekt. Schon das Plakat ist Hommage und Parodie auf das berühmte Nacktfoto von Jim Morrison. Die Beatles werden als eine über ihre Tantiemen zerstrittene Bande geldgieriger Kiffer dargestellt, und der tragische Größenwahn eines Brian Wilson wird zum Slapstick. Am besten ist der Film, der über weite Strecken als Parodie auf James Mangolds Johnny-Cash-Film funktioniert, wenn sich die Pop-Biografien in der Kunstfigur Cox mischen. Danach sind weitere Pop-Legenden auf der Leinwand überflüssig – schließlich ist das Leben von Dewey Cox weit ergiebiger als das seiner real existierenden Kollegen. Gut, dass es ihn nie gegeben hat.

In sieben Berliner Kinos; OV im Cinestar Sony Center

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