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Kino: Vor dem Abflug

Traum vom Weltall: Billy Bob Thornton als „Astronaut Farmer“

Charles Farmer hat eine Rakete in der Scheune. Eine 1960er Atlas Mercury, um genau zu sein. Und er will in den Orbit damit. Vor Jahren musste Farmer seine Astronautenlehre abbrechen, um die Familienfarm zu retten. Seitdem trägt er gebrauchte Raketenteile zusammen. Schon bald soll Take-off sein.

„Astronaut Farmer“ wirkt auf den ersten Blick wie das übliche Heldenlied von der Selbstverwirklichung in Amerika. Zumal der Film gleich zwei wesentliche Ikonen der USA bemühen: den Astronauten und den Cowboy. Und tatsächlich entwickelt sich Farmers Unternehmung schon bald zum Kampf des kleinen Privatmanns gegen staatliche Bevormundung: Als er versucht, 10 000 Liter Brennstoff auf dem freien Markt zu kaufen, wird die Regierung aufmerksam und ungemütlich. Die Raumfahrtbehörde einer gedemütigten Nation kann sich nicht von einem übergeschnappten Landwirt auf der Nase herumtanzen lassen.

Der neue Film der Brüder Michael und Mark Polish („Northfork“) entpuppt sich als charmantes, magisch-realistisches Texas-Märchen. Die Regisseure interessieren sich weniger für die Geschichte eines Mannes, der für seinen Traum kämpft, als für die Schönheit dieses Traumes (und des Träumens an sich). Schon in der herrlichen Eröffnungsszene, in der Farmer im Astronautenanzug übers Land reitet, um ein verirrtes Tier einzufangen, nutzen sie die nordamerikanische Provinz als Szenerie fürs leicht Surreale.

Billy Bob Thornton in der Hauptrolle passt perfekt: Er stellt den Hobby-Raumfahrer weder als Hinterweltexzentriker dar noch als hemdsärmeligen Macher, sondern als einen Mann, der sein Ziel mit jener sanften Beharrlichkeit verfolgt, wie sie nur echte Träumer aufbringen. Das Herzstück des Films sind aber ohnehin die Familienszenen mit Farmers Frau Audrey (großartig wie immer : Virgina Madsen) und den drei Kindern. Sie sind begeisterte Komplizen: Schon zum Frühstück gibt es Jupiterpfannkuchen.

Eine Idylle, gewiss. Auch sonst wirkt „Astronaut Farmer“ oft, als fehle ihm der letzte professionelle Schliff. Er zielt in viele Richtungen (Verantwortung, Bürokratie, Massenmedien, Regierungsparanoia), ohne ins Schwarze treffen zu wollen. Doch das ist zugleich das Schöne an diesem Film: An jenen Stellen, wo Hollywoods Drehbuchstandards Konfliktzuspitzungen vorschreiben, die mittlerweile so erwartbar sind wie ein Happy End, bleibt „Astronaut Farmer" auf angenehme Weise verhalten.

Der Film gewinnt auf diese Weise eine Leichtigkeit, die trotz des absehbaren Handlungsverlaufs etwas Irritierendes hat. Die Gebrüder Polish spielen zwar mit den Elementen des Genres und entwickeln auch komische Momente. Ironie sucht man allerdings vergeblich. Kein Drama, keine Satire, keine forcierten Pointen – nur zwangloses Schlendern durch einen heiteren Traum. Sebastian Handke

Blow Up, Cinemaxx Potsdamer Platz, Hackesche Höfe, Moviemento, Neue Kant Kinos, Colosseum

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