zum Hauptinhalt
289566_0_cead39ad.jpg

© dpa

Kinos: Ab nach „Oben“

Die Leute strömen in die Kinos wie seit fünf Jahren nicht mehr. Im letzten Halbjahr war wohl für jeden das Richtige dabei. Jetzt sollen 3D-Animationen ganz groß herauskommen.

In Helmut Dietls genialer Filmbetriebssatire „Rossini“ (1997) gibt es die Szene mit den drei Herren von der Stadtsparkasse. Am Eingang des gleichnamigen Münchner Restaurants entsteigen sie einem Fahrzeug repräsentativer deutscher Provenienz und versichern einen Filmproduzenten angesichts seines aktuellen Projekts ihres unerschütterlichen Optimismus. „Ich habe ein gutes Gefühl“, säuselt Edgar Selge als Sparkassendirektor, „ein sehr gutes Gefühl“.

Ein ausdrücklich gutes, wenn nicht gar sehr gutes Gefühl hatten am Donnerstag auch die Geschäftsführer des Filmverleiherverbands VDF, des Kinobetreiberverbands HDF und des Unternehmens Zukunft Kino Marketing ZKM, die bei ihren regelmäßigen gemeinsamen Pressekonferenzen gern als Institut zur grundsätzlichen Verbreitung guter Laune auftreten. HDF-Mann Andreas Kramer hatte, wenn der Eindruck nicht täuscht, bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen das relativ beste Gefühl, dicht gefolgt von Jan Oesterlin (ZKM), während sich Johannes Klingsporn (VDF) bei der Bewertung der aktuellen Kinoumsätze – „sehr erfreulich in Relation zur gesamtwirtschaftlichen Lage“ – rhetorisch einiger Zurückhaltung befleißigte.

Konkret: Die Leute strömen in die Kinos wie seit fünf Jahren nicht mehr – und das vor allem, weil sie dort, so meint das Trio unisono, ein neuerdings besonders diversifiziertes Angebot vorfinden. 8,5 Prozent mehr Besucher verzeichnet die Statistik von Januar bis Juni (gegenüber dem ersten Halbjahr 2008), macht knapp 63 Millionen verkaufte Kinotickets – und wenn nach der traditionell umsatzstärkeren zweiten Jahreshälfte Kassensturz gemacht wird, soll gar die 130-MillionenBesuchergrenze geknackt sein. Mit gehobenem Mainstream à la „Der Vorleser“ erobere man ein älteres Publikum, mit erfolgreichen Kinderfilmen den sehr jungen Nachwuchs, und die weiblichen Teens seien etwa bei „Hannah Montana“ bestens aufgehoben. Und die einst für die Statistik bombensichere Zielgruppe der männlichen Teenager hoffe man mit dem Ausbau des 3D-Angebots fürs Kino zurückzugewinnen. Schließlich sei die neue 3D-Technik, so Klingsporn streng, „für Raubkopierer nicht abfilmbar“. Noch, möchte man hinzufügen.

Noch allerdings auch ist erst jede 50. deutsche Leinwand teuer für 3D aufgerüstet worden. Aber da die Kinowirtschaft laut Kramer auch in diesem Segment „total spannende Sachen in der Pipeline“ hat, etwa Pixars „Oben“ und James Camerons „Avatar“, dürfte der auch am Donnerstag wieder eifrig beschworene Boom wohl unmittelbar vor dem Durchbruch stehen. Zumindest insofern, als das Publikum von Filmen, die zwei- und dreidimensional angeboten werden, die 3D-Version massiv bevorzugt – und entsprechend mehr fürs Ticket hinlegt.

Und wie ist das Gefühl beim deutschen Film? Gut, was den Marktanteil von derzeit 20 Prozent angeht, allerdings eher mager in Sachen Diversifizierung. Allein die Hälfte der deutschen Top Ten sind Kinderfilme, und die für den Weltmarkt in Englisch produzierten „Vorleser“ und „The International“ gehen wohl nur beim nachschürfenden Blick auf den filmförderungsformalen Kriterien-Cocktail als deutsch durch. Das restliche Trio dort oben: die braven „Buddenbrooks“ sowie die Blödelproduktionen „Männersache“ und „1½ Ritter“. Wo sind sie geblieben, die intelligenten, erwachsenen, deutschen Filme wie „Rossini“, die bei über drei Millionen Zuschauern ein gutes Gefühl auslösen, um nicht zu sagen: ein sehr gutes Gefühl?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false