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Kirchner-Gemälde: Rekordpreis für "Berliner Straßenszene"

Die umstrittene Versteigerung des Gemäldes "Berliner Straßenszene" von Ernst Ludwig Kirchner ist am Mittwochabend in New York mit einem Rekordpreis von knapp 30 Millionen Euro zu Ende gegangen.

New York/Kassel - Das Endgebot von fast 30 Millionen Euro ist nach Angaben des Auktionshauses Christie's das höchste jemals für ein Bild von Kirchner (1880-1938) erzielte Ergebnis bei einer Versteigerung. Das Gemälde war im Juni an eine Erbin der früheren jüdischen Besitzer zurückgegeben worden. Die Restitution war umstritten, weil nach Ansicht von Experten unklar ist, ob das Bild zur Zeit des Nationalsozialismus tatsächlich zwangsverkauft worden war. Der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Michael Eissenhauer, kritisierte die Auktion. "Es lohnt sich, auf Beutezug zu gehen und zu gucken, welche Gemälde dem Kunstmarkt neues Blut zuführen können", sagte er.

Den Zuschlag für das 1914/1915 entstandene Schlüsselwerk des deutschen Expressionismus erhielt die Neue Galerie in New York, die etwa elf Millionen Euro mehr als den maximalen Schätzwert zahlte. Die auf deutsche und österreichische Kunst spezialisierte Galerie des Kosmetikerbens Ronald S. Lauder hatte Mitte Juni für 107 Millionen Euro die "Goldene Adele" des Jugendstil-Malers Gustav Klimt (1862-1918) erworben - bis dato das teuerste Gemälde der Welt.

Bei einem weiterem Klimt-Gemälde passte Lauder hingegen. "Porträt von Adele Bloch-Bauer II" (1912) wurde für etwa 69 Millionen Euro von einem anonymen Käufer erstanden. Das sei der dritthöchste Preis, der jemals für ein Gemälde bei einer Auktion erreicht wurde, teilte Christie's mit. Vier der versteigerten Klimt-Gemälde stammten laut Auktionshaus ebenfalls aus Restitutionen.

Rekord auch für Gauguin-Bild

Insgesamt erzielte die Auktion impressionistischer Kunst eine Summe von fast 384 Millionen Euro. Paul Gauguins "L'homme á la hache" (1891) wurde mit rund 31,5 Millionen Euro zum teuersten Gemälde des Künstlers. Selbiges gilt für Egon Schieles "Einzelne Häuser" (1915), das für rund 24,5 Millionen Euro an einen anonymen Käufer ging.

Bei Eissenhauer stieß die Versteigerung des Kirchner-Gemäldes auf gemischte Gefühle. Dass das Werk in der New Yorker Neuen Galerie voraussichtlich weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird, sei "Glück im Unglück", sagte er. Prinzipiell aber hätten sich durch die Versteigerung alle Befürchtungen bewahrheitet. Angesichts des weit über dem Schätzpreis verkauften Werks sprach er von einem "Big Business" mit Restitutionskunst. Er betonte, bei der Neuen Galerie handele es sich um eine Privateinrichtung, die mit einem öffentlichen Museum in Deutschland "überhaupt nicht vergleichbar" sei.

Eissenhauer: Politik muss sich bewegen

Eissenhauer begrüßte in diesem Zusammenhang den von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) einberufenen Krisengipfel am 20. November. Es sei "ganz hervorragend", dass nun ein Kreis von Fachleuten befragt werde, wie mit der "qualitativ neuen" Situation bei der Restitutionskunst in der Bundesrepublik umgegangen werden solle. Die auch an ihn ergangene Einladung Neumanns signalisiere, dass sich die Politik "bewegen möchte", sagte Eissenhauer.

Vor der Auktion war ein Münchner Kunstsammler mit dem Versuch gescheitert, per Strafanzeige gegen Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Ex-Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei/PDS) den Verkauf zu stoppen. Der Vorwurf lautete auf Verdacht der Untreue oder der veruntreuenden Unterschlagung. Grund waren Berichte, dass das Gemälde aus dem Berliner Brücke-Museum möglicherweise zu Unrecht als NS-Raubgut eingestuft worden und deshalb die Rückgabe rechtswidrig gewesen sei. (tso/ddp)

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