zum Hauptinhalt
Bayreuth

© dpa

Klassik: Bayreuther Festspiele im Umbruch

"Weißt du, wie das wird?" singt die Norn in Richard Wagners "Götterdämmerung", und diese Frage stellen sich die Wagner-Freunde weltweit, wenn über die Zukunft der Richard-Wagner-Festspiele gesprochen wird.

Es war ein dramatisches Jahr mit einem tragischen Schlusspunkt auf dem Festspielhügel zu Bayreuth. Der überraschende Tod von Gudrun Wagner Ende November machte mit einem Schlag deutlich, in welch labiler Lage sich Deutschlands renommierteste Musikfestspiele derzeit befinden. Die zweite Ehefrau des 88-jährigen Festspielleiters Wolfgang Wagner hielt die Fäden im Festspielbezirk in der Hand. Nun ist ein Führungsvakuum entstanden.

Aus dem Kreis der politisch Verantwortlichen hat sich bislang niemand dazu äußern mögen, wie es weitergehen soll. Die nächste turnusmäßige Sitzung des Stiftungsrats steht erst am 29. April 2008 an. Im Herbst hatte das Gremium die drei Bewerberinnen um die künftige Festspielleitung aufgefordert, bis dahin Konzepte vorzulegen. Als Favoritin des Stiftungsrats gilt Eva Wagner-Pasquier, Wolfgang Wagners 62-jährige Tochter aus erster Ehe. Sie wurde vom greisen Vater, der einen Vertrag auf Lebenszeit besitzt, bislang aber vehement abgelehnt.

Katharina Wagner mit Regiedebüt

Nur Außenseiterchancen hat Nike Wagner (62), die Tochter von Wieland Wagner, dem 1966 gestorbenen Bruder Wolfgang Wagners. Und dann ist da noch die 29-jährige Katharina Wagner, Wolfgang Wagners jüngste Tochter. Sie hat in dieser Saison mit "Die Meistersinger von Nürnberg" ihr vielbeachtetes Regiedebüt am "Grünen Hügel" gegeben, mit einer turbulenten, unkonventionellen Inszenierung, die die Wagner-Gemeinde spaltete. Nicht nur der gesundheitlich angeschlagene Wolfgang Wagner möchte Tochter Katharina gern als neue Festspielleiterin durchsetzen; es gibt auch eine ganze Reihe von Fachleuten, die der couragierten jungen Frau den Posten durchaus zutrauen, zumal sich ihr Bewerbungsteam mit dem Dirigenten Christian Thielemann und dem Kulturmanager Peter Ruzicka sehen lassen kann.

Die Vertreter von Bund und Land im Stiftungsrat signalisierten dagegen bisher Ablehnung. Sie hatten befürchtet, dass eine Berufung von Katharina in Wahrheit die Macht von Gudrun Wagner festigen würde, der heimlichen Herrin am Hügel. Mit deren unerwartetem Tod haben diese Bedenken nun aber ihre Grundlage verloren. Gemeinsam mit Thielemann und Ruzicka könnte Katharina Wagner für frischen Wind auf dem "Grünen Hügel" sorgen. Offen ist aber, ob sie überhaupt noch bereit ist, nach dem Tod der Mutter ohne deren Unterstützung um die Festspielleitung zu kämpfen.

"Parsifal"-Neuinszenierung ab Juli

Die Schlagzeilen um "Deutschlands Ersatz-Königsfamilie", wie "Die Welt" schrieb, lassen die künstlerischen Aspekte der Festspiele derzeit in den Hintergrund treten. In der Saison 2008 steht eine Neuinszenierung des "Parsifal" an. Nur vier Jahre lang, von 2004 bis 2007, hielt sich die Interpretation von Christoph Schlingensief auf dem Spielplan. Nun wird der norwegische Regisseur Stefan Herheim seine Sicht auf Richard Wagners Spätwerk präsentieren. Bei der Premiere am 25. Juli 2008 werden die Ehrengäste wieder über den Roten Teppich schreiten - doch wer sie dann vor dem Königsbau begrüßen wird, das ist die große Frage.

Stephan Maurer[dpa]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false