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Die Geigerin Liv Migdal wurde 1988 geboren und studierte am Salzburger Mozarteum.

© Matan Goldstein

Klassikkonzert zum Weltfrauentag 2023 : Dieser Abend gehört den Komponistinnen

Das Deutsche Kammerorchester Berlin führt zum 8. März die Werke von sechs Frauen aus vier Jahrhunderten auf, gemeinsam mit der großartigen Geigerin Liv Migdal.

Nelken sind nett zum Weltfrauentag - doch es lässt sich auch kreativer feiern am 8. März, wie das Deutsche Kammerorchester beweist: Das Ensemble spielt am Mittwochabend im Kammermusiksaal der Philharmonie ausschließlich Werke von Komponistinnen. Sechs Werke kreativer Köpfe aus den Jahren 1773 bis 2007. Das hätte sicher auch der Weltfrauentags-Erfinderin Clara Zetkin gefallen.

Von der streitlustigen Britin Ethel Symth erklingt ihr Opus 1, entstanden 1883, eine Talentprobe aus ihrer Studienzeit in Leipzig, die erahnen lässt, dass sie sich zur Meisterin des schnellen atmosphärischen Wechsels entwickeln wird. Elena Kats-Chernin verbeugt sich vor Johann Sebastian Bachs Ehefrau Anna Magdalena, was nach neoklassischer Filmmusik klingt, barock gewürzt, mit Minimal-Music-Touch.

Ihr Ton reicht bis in den hintersten Winkel des Saals

Innere Hitze verströmt das „Konzert für Streichorchester“ der vielseitigen polnischen Musikerin Grazyna Bacewicz von 1948. Ein starker Mitteilungsdrang bricht sich hier Bahn, in herber Schönheit: Weil Dissonanzen nun einmal zum Leben dazugehören.

Das Kraftzentrum dieser musikalischen Entdeckungsreise aber bildet die Violinistin Liv Migdal. Beeindruckend, wie sie Lera Auerbachs Solostück „T’filah“ gestaltet, eine Meditation über das Alleinsein. Mühelos füllt sie den Saal bis in den hintersten Winkel mit ihrem großen, intensiven Geigenton, bündelt im langen, innigen Instrumentalgesang die kollektive Aufmerksamkeit.

Zur packenden Schauspielszene ohne Worte wird die „Kaddish“-Komposition der 1982 geborenen Polin Ewelina Nowicka: Stark, wie Liv Migdal dabei durch diverse Gefühlszustände geht, von der stillen Trauer bis zum aggressiven Aufbegehren.

Ein Gruß aus galanten Zeiten schließlich ist Maddalena Sirmens A-Dur Violinkonzert: Im späten 18. Jahrhundert tourte die in Venedig ausgebildete Virtuosin durch Europa, begeisterte das Publikum mit ihrer Brillanz – und mit eigenen Werken. Liv Migdal und das Deutsche Kammerorchester musizieren mit Hingabe, lassen die Jahre 250 alte Musik quicklebendig werden. Auch so geht Frauenpower. Frederik Hanssen

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