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Kultur: Kleine Welt

Debussys „Pelléas“ in der Neuköllner Oper

Claude Debussy (1862–1918) war ein bildungsfernes Vorstadtkind – und bei der traurigen Bedeutung, die Neukölln als bildungs- und sozialpolitisches Symbol gewonnen hat, stellen sich assoziative Verbindungen ganz von allein her. In der Fassung von Debussys abgründig symbolistischer Oper Pelléas & Mélisande, die Miriam Salevic (Regie), Emily Laumanns (Raum und Kostüme) und Roman Lemberg (Musikalische Bearbeitung) im Studio der Neuköllner Oper erarbeitet haben, verschwimmen die Grenzen zwischen prekären Innen- und Außenwelten auf schlüssig beunruhigende Weise. Dabei hütet man sich, Mélisandes Sohn Yniold allzu offensichtlich mit dem jugendlichen Komponisten zu identifizieren. Es genügt, dass Roman Lemberg, der Debussys Klänge an E-Piano, Akkordeon und Kinderklavier beschwört, in eingespielten Filmsequenzen wie ein vernachlässigtes Prinzchen mit Pappkrone durch den Bezirk rennt und im Studio Requisiten wie Protagonisten mit dem selbstzerstörerischen Eifer eines Kindes anzuordnen versucht, das nicht gelernt hat, „richtig“ zu spielen.

Debussys Musik steckt es dabei einigermaßen gut weg, dass sie gekürzt und dass der Orchesterpart auf Klavier, Akkordeon und E-Piano reduziert wird. In sich kreisend hält sie es sogar aus, dass sie mit Geräuschen, Beats, Walzerklängen, Orchesterloops und dummschlauen Talkshowanalysen der Gesellschaft collagiert wird. Im Übrigen wird gut gesungen: Herdis Anna Jónasdóttir (Mélisande) Martin Gerke (Golaud) und Lars Ivar Nordal (Pelléas) lassen mit ihren ausgeglichenen, konzentriert geführten Stimmen einen Hauch von großer Oper durch die kleine beschädigte Welt wehen – trotz alledem. Carsten Niemann

Wieder am 26. und 27. Februar, 7., 12., 19., 21., 26., 28. März, jeweils 20 Uhr.

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