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Keine Zeit mehr für Spielchen. Javier Cámara und Ricardo Darín.

© Universum Film

Krebsfilm "Freunde fürs Leben": Das Ende ist ein Anfang

Nur die Nähe zählt: Im spanischen Drama „Freunde fürs Leben“ verabschiedet sich ein Krebskranker von der Welt. Die Botschaft des so lakonischen wie ergreifenden Films lautet: „Alles, worauf es ankommt, sind unsere Beziehungen“.

„Ich mag keine Abschiede“, sagt Julián am Tag, bevor sein Freund wieder zurückfliegt. Dabei ist alles, was er tut und noch tun wird, ein Abschied. Julián (Ricardo Darín) hat Krebs. Einmal ist er schon durch mit der Chemotherapie und den Schmerzen, Hoffnungen und Ängsten. Wenige Monate später tauchten die Metastasen an anderen Stellen im Körper auf. Noch einmal will er die Prozedur nicht auf sich nehmen. Er weiß, dass sein Leben zu Ende geht, und dieses Ende möchte er nicht im Krankenhaus an Schläuchen und Apparaten erleben.

Freundschaft braucht ein Fundament

An seiner Entscheidung ist nicht mehr zu rütteln. Aber genau das möchte sein alter Freund Tomás (Javier Cámara) versuchen. Aus dem verschneiten Kanada reist er auf Bitten von Juliáns Cousine Paula (Dolores Fonzi) nach Madrid. Auch wenn die erste Begegnung am Morgen in der unaufgeräumten Wohnung ein wenig ungelenk wirkt, spürt man das Fundament der Freundschaft, das die beiden Männer nach all den Jahren immer noch verbindet. Dabei will Julián den Besucher wieder hinauswerfen, als dieser gesteht, dass er ihn von seinem Entschluss abbringen möchte. Aber Tomás bleibt.

Vier Tage – mehr hat er nicht – begleitet er den Freund durch den Alltag eines Sterbenden. Ein Mensch, der weiß, dass sein Leben zu Ende geht, hat viel zu erledigen. Julián teilt dem Arzt mit, dass er alle Behandlungen abbricht, sucht für seinen Hund Truman ein neues Zuhause, regelt die eigenen Beerdigungsfeierlichkeiten und steht abends als Schauspieler in einem Molière-Stück auf der Bühne. Alte Freunde gehen ihm aus dem Wege, weil sie die Konfrontation mit dem Tod nicht ertragen. Alte Feinde reichen ihm die Hand zur Versöhnung. Der Theaterchef zeigt sich erschüttert über Juliáns Schicksal und feuert ihn im gleichen Atemzug.

Auf Gewissheit folgt Klarheit

Eigentlich eine emotionale Berg- und Talfahrt, aber dem spanischen Regisseur Cesc Gay ist mit „Freunde fürs Leben“ nicht daran gelegen, den Abschied vom Leben hemmungslos zu dramatisieren. Vielmehr konzentriert er sich auf die emotionale Klarheit, die mit der Gewissheit des nahenden Todes verbunden ist. Die Zeit ist zu kurz für Spielchen, Ausflüchte, Lügen, zu kurz, um über die eigenen Gefühle hinwegzugehen. Als ehemalige Kollegen ihn, den Kranken, im Restaurant geflissentlich übersehen, geht Julián an ihren Tisch, begrüßt sie und entlarvt ohne Umschweife ihr verletzendes Verhalten.

„Alles, worauf es ankommt, sind unsere Beziehungen“ sagt Julián einmal. Die Freundschaft der beiden Männer ist Lichtjahre von gängigen Kumpel-Stereotypen entfernt. Der argentinische Schauspieler Ricardo Darín, bekanntgeworden mit dem Oscar-gekrönten Film "In ihren Augen", und der Spanier Javier Cámara, der in Pedro Aldomóvars Komödie "Fliegende Liebende" dabei war, verstehen es, die Tragik der Geschichte herunterzuspielen und ihre Figuren gleichzeitig für die hineinsickernden Gefühle offen zu halten. Dadurch atmet der Film eine emotionale Aufrichtigkeit, von der Florian David Fitz’ Melodram „Der geilste Tag“, das zwei sterbende Freunde auf eine klischeebeladene Abenteuerreise schickt, nur träumen kann.

Cinema Schreiber-Platz, Cinemaxx, Filmtheater Friedrichshain, Kant, Kulturbrauerei; OmU: fsk, Hackesche Höfe, Rollberg

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