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DDR-Ikone. Blick auf den Dresdener Kulturpalast von der Wilsdruffer Straße aus, im Hintergrund der Neumarkt.

© Visualisierung: gmp Architekten

Kulturpalast Dresden: Sachsen soll besser klingen

Der Dresdner Kulturpalast wandelt sich bis 2017 zum international konkurrenzfähigen Konzertsaal. Bislang liegt der Umbau tatsächlich im Kosten- und Zeitplan.

Er ist eine Ikone der DDR-Architektur, für die Nachkriegsgeschichte Dresdens so wichtig wie der Palast der Republik für Ost-Berlin: 1969 wurde der Dresdner Kulturpalast mitten im Herzen des historischen Zentrums eröffnet, schräg gegenüber der Ruine der Frauenkirche. Keck ragt das Gebäude mit der großen Glasfassade in den Neumarkt hinein, stellt sich schräg zur ursprünglichen Bebauung des barocken Quartiers – das damals freilich nur noch in der Erinnerung der Dresdner Bürger existierte.

Am Verlauf der vielspurigen Wilsdruffer Straße orientiert sich die Stellung des Kulturpalastes, an der Achse also, die den alten Kern der Stadt von der Wiederaufbauzone trennt, den Komplexen im sowjetischen Zuckerbäckerstil, hinter denen die Hochhäuser der Prager Straße aufragen. Wie bewusst die Architekten den Kulturpalast als Monolithen in den urbanen Raum gestellt haben, wird so richtig allerdings erst jetzt wieder spürbar, da das ursprüngliche Straßenraster am Neumarkt weitgehend wiederhergestellt ist. Rund um die vor zehn Jahren eröffnete Rekonstruktion der Frauenkirche sind Neubauten mit stuckverzierten Theaterfassaden entstanden, gerade wird das letzte freie Baufeld direkt neben dem Kulturpalast erschlossen.

Ein Musentempel für alle sollte es von Anfang an sein, der ästhetischen Erziehung des neuen Menschen gewidmet. 1952 hatte Walter Ulbricht ein „Haus der sozialistischen Kultur“ angeregt, 1959 wurde ein Wettbewerb ausgelobt, bei dem ein an der Ästhetik des Bauhauses orientierter Entwurf von Leopold Wiel den ersten Preis gewann. Erst 1967 aber wurde, nach langen ideologischen Diskussionen, dann der Grundstein gelegt. Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit unter der Leitung von Wolfgang Hänsch öffnete das Haus seine Pforten. Sieben Jahre lang sollte es mit 2415 Sitzplätzen der größte multifunktional nutzbare Saal der DDR bleiben – bis 1976 der Hauptstadt-Palast fertig war.

Bei der Ausstattung des Dresdner Hauses wurde nicht gespart, Granit, Marmor und edles Makassar-Ebenholz durften in der Eingangshalle verbaut werden. Diese Optik werden die Foyers auch weiterhin haben, wenn im Frühjahr 2017 der Festakt zur Einweihung des neuen Kulturpalasts stattfindet. Denn anders als in Berlin, wo die Entscheidungsträger „Erichs Lampenladen“ dem Wiederaufbau des Stadtschlosses opferten, haben sich ausgerechnet die traditionsverliebten Dresdner dafür entschieden, ihren Palast zu erhalten. Als Landmarke und Zeuge ihrer bewegten Geschichte.

Zeitgleich mit dem Beschluss, das Gebäude im Innern zu modernisieren, wurde es in die Denkmalliste des Freistaats Sachsen aufgenommen. Was bedeutet, dass die architektonische Hülle originalgetreu erhalten bleibt, während der akustisch schon immer problematische Saal durch einen neuen Zuschauerraum ersetzt wird. Der mit 1800 Plätzen etwas kleiner ausfällt als der Vorgänger, dafür durch komplex verschachtelte Oberflächen sowie eine weinbergförmige Anordnung der Sitzbereiche nach dem Vorbild der Berliner Philharmonie eine optimale Verteilung des Schalls im Raum erleichtern soll.

Als Gewinner der Ausschreibung ging 2009 das weltweit aktive Großbüro von Gerkan, Marg und Partner hervor. Während andernorts kulturelle Prestigeprojekte vor allem durch Kostenexplosionen und Bauverzögerungen von sich reden machen, können die Dresdner mit Stolz verkünden, dass sie sich bislang sowohl im Zeit- wie auch im Finanzrahmen bewegen. Knapp 90 Millionen Euro stehen zur Verfügung für die drei Aufgabenbereiche, also den Saal, der von oben ins bestehende Gebäude eingebaut wurde, die denkmalgerechte Sanierung der Foyers samt des Wandfrieses „Unser sozialistisches Leben“ sowie die Ausstattung des Komplexes, der künftig auch die Zentralbibliothek, das Besucherzentrum der Frauenkirche sowie das Kabarett „Die Herkuleskeule“ beherbergen wird.

Wie auch schon zu DDR-Zeiten soll das Veranstaltungsprogramm bunt gemischt sein. Größter Nutznießer des neuen Saals aber wird die Dresdner Philharmonie sein – ein Orchester, das außerhalb Sachsens nur wenige kennen. Was auch daran liegt, dass die öffentliche Wahrnehmung der Musikstadt Dresden schon immer durch die Semperoper dominiert wird. Zu der wiederum als Hausorchester die Sächsische Staatskapelle gehört, die als Geburtsjahr 1548 angeben kann.

Die Philharmonie wurde dagegen erst 1871 als „Gewerbehaus-Kapelle“ gegründet, kann allerdings mit einigen illustren Namen aufwarten. So war beispielsweise Kurt Masur von 1967 bis 1972 Chefdirigent. Zu seinen Nachfolgern gehören Jörg-Peter Weigle (1986–94), Marek Janowski (2000–04) und Rafael Frühbeck de Burgos.

Seit der Saison 2011 leitet Michael Sanderling die Dresdner Philharmonie, einer der Söhne des legendären Kurt Sanderling, der seine Karriere als Orchestermusiker begann, mit 20 Jahren Solo-Cellist des Leipziger Gewandhauses wurde und in dieser Position später auch beim Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester spielte. Vor 16 Jahren erst begann Sanderling dann mit dem Dirigieren, 2006 erhielt er seine erste Chefposition bei der Kammerakademie Potsdam.

Deren langjährige Managerin Frauke Roth ist nun seit einem Jahr Intendantin der Dresdner Philharmonie. Parallel zur Planung der ersten Saison im neuen Saal muss sie vor allem die Pendelbewegungen des Orchesters zwischen den sieben Ausweichspielstätten organisieren. Vom Schauspielhaus und dem Deutschen Hygiene Museum über Frauen- und Kreuzkirche, Residenzschloss und Schloss Albrechtsberg bis hin zum Lichthof im Albertinum an der Brühlschen Terrasse bespielen die Musiker derzeit jeden Raum, der akustisch auch nur halbwegs für Klassik geeignet ist. Da dürfte ihnen der Abstecher nach Berlin am 2. März als wahre Wohltat erscheinen: Mit ihrem Chefdirigenten sowie dem blinden Pianisten Nobuyuki Tsujii treten sie dann in Scharouns Philharmonie auf.

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