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Kultur: Kulturpolitik: Die schönste Freiheit

Als einer, der schon so viele Rollen durchprobiert hat, fand sich Michael Naumann endlich am rechten Ort wieder: auf den Brettern der Schaubühne. Und vor ihm, die steil aufragenden Sitzreihen des Theaters füllend, das würdigste Publikum: die gesamte Berliner Kulturszene, von Raue bis Blumenthal, von Lasky bis Hochhuth.

Als einer, der schon so viele Rollen durchprobiert hat, fand sich Michael Naumann endlich am rechten Ort wieder: auf den Brettern der Schaubühne. Und vor ihm, die steil aufragenden Sitzreihen des Theaters füllend, das würdigste Publikum: die gesamte Berliner Kulturszene, von Raue bis Blumenthal, von Lasky bis Hochhuth.

Der Berlin-Verlag hatte Naumann und seinen Nachfolger Julian Nida-Rümelin zu einer Sonntags-Matinee geladen, das Thema ("Die schönste Form der Freiheit") war und ist zugleich der Titel des gerade erschienenen Sammelbandes von Vorträgen und Essays des ehemaligen Kulturstaatsministers.

Aufgeführt wurde dennoch das alte Stück "Kulturpolitik", dessen Rollen, so schien es, alle nach wie vor von Michael Naumann besetzt werden. Erst gab er den Politiker und sprach: "Wir brauchen in der Politik ..." - um sich dann auf Nida-Rümelins Blick doch zu korrigieren: "Julian braucht in der Politik ...". Als Herausgeber der "Zeit" wiederum, der er inzwischen ist, forderte Naumann ein "investigatives Feuilleton", das sich aus dem selbstverschuldeten Gefühl der Einflusslosigkeit befreie. Um dann wieder (als Politiker?) hinzuzufügen, dass er über das meiste hinweggelesen habe.

Nur auf die Rolle des Danton, die ihm Rüdiger Schaper vom Tagesspiegel, der die Veranstaltung zusammen mit Philipp Grassmann von der "Süddeutschen Zeitung" moderierte, einleitend auf den Leib schneidern wollte, mochte er sich nicht einlassen. Kultur, sagte Naumann, sei das "diskursive Gequatsche über unsere Selbstverständigung", sei demokratisch und nicht revolutionär. Ganz Realpolitiker betonte er, dass Kultur in diesem Sinne "eine pazifizierende Wirkung" habe, um schließlich einen Kulturbeauftragten für das Kosovo zu fordern.

Was "deutsche Kultur" sei, meinte Nida-Rümelin in einem Nebensatz, sei nicht einfach zu definieren. Und auch mit der verfassungsrechtlichen Möglichkeit für eine nationale Kulturpolitik schien er zu hadern. Kulturpolitik ohne Gestaltungsanspruch, so der Kulturstaatsminister, wird auf Dauer keinen Bestand haben. Lediglich ein Ermöglicher zu sein, der Fördergelder verteilt, das sei Selbstbetrug. Doch in die verfahrene Berliner Kulturpolitik wolle er nicht gestaltend eingreifen: Bundeskulturpolitik müsse ein nationales Thema sein. "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich Bundeskulturpolitik in erster Linie um Berlin kümmert", sagte Nida-Rümelin, um noch deutlich hinzuzufügen: Der Einsatz des Bundes für Kultureinrichtungen in der Hauptstadt "ist nicht mehr wesentlich ausbaufähig". Das müsse man erst einmal so akzeptieren.

Naumann, im Amt eher ein Befürworter eines stärkeren Kulturzentralismus, bekannte, dass er gerne mehr für Berlin getan hätte. Leider habe der Bundesfinanzminister ihm diesen Weg versperrt, und angesichts der schwierigen Haushaltslage, so konnte man Naumann verstehen, sei das auch ganz richtig gewesen.

Am Ende betonte Nida-Rümelin, dass auch in Fragen Beutekunst zwischen ihm und Naumann "kein großer Unterschied" bestünde. Rolf Hochhuth stellte schließlich noch eine Frage, die längst beantwortet war, und Naumann, dessen Rolle nach eigenen Angaben die des berufmäßigen Intellektuellen ist, beschloss höchstpersönlich die Diskussion: "Damit können wir vielleicht enden."

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