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KUNST Stücke: Aus dem Schatten

Die Faltenwürfe von Stofftondo und Tischtuch kontrastieren das Halbgitter aus roten und chamoisfarbenen Senkrechten im Hintergrund. Ein Tisch mit Krug, die Streifen und dazwischen eine hell grundierte Leinwand: Gero Troikes „Komposition mit Streifen“ fällt ins Auge, weil die Stofflichkeit aus dem sonst eher stoischen Farbauftrag heraussticht.

Die Faltenwürfe von Stofftondo und Tischtuch kontrastieren das Halbgitter aus roten und chamoisfarbenen Senkrechten im Hintergrund. Ein Tisch mit Krug, die Streifen und dazwischen eine hell grundierte Leinwand: Gero Troikes „Komposition mit Streifen“ fällt ins Auge, weil die Stofflichkeit aus dem sonst eher stoischen Farbauftrag heraussticht. In solchen Momenten scheint seine Profession als Bühnenbildner durch. Denn Troike, 1945 im Erzgebirge geboren, hat sich zwar schon als Zwanzigjähriger mit Malerei und Grafik beschäftigt, während er sich in frühen DDR-Zeiten als Beifahrer, Bühnen- und Friedhofsarbeiter verdingte. Sein Herz aber schlägt für das Theater: Ab 1975 arbeitet er als Bühnen- und Kostümbildner mit Theatergrößen wie Alexander Lang, Thomas Langhoff oder Jürgen Gosch zusammen. Eine solche Vergangenheit weckt Erwartungen. Doch Inspirationen zwischen den Bühnenwelten und den aktuellen Sujets sucht man in der Galerie der Moderne (Hindenburgdamm 57, bis 30. November) vergebens. Beharrlich arbeitet sich Troike an den traditionellen Themen, an Stillleben oder Landschaften ab und kreist dabei doch immer nur um einen konventionellen Realismus. Angesichts der Dimensionen der Volksbühne oder dem Deutschem Theater, die Troike als Bühnenbilder bewältigt hat, fragt man sich bei seinen bevorzugten Atelieransichten mit durchweg kargen und betont unaufgeregten Raumanschnitten, warum sein Fokus auf der Leinwand so eng und hermetisch gerät (450-8000 Euro).

Mehr mit berühmten Namen als mit seinem eigenen Werk wurde lange Zeit auch Gerhard Hoehme in Verbindung gebracht. 1920 in der Nähe von Dessau geboren, absolvierte er das Kunststudium ebenfalls in der DDR und floh 1952 in den Westen, wo man ihn später als Professor an die Kunstakademie Düsseldorf berief. An Ruhm überflügelten ihn dann Schüler wie Sigmar Polke oder Anselm Kiefer. Dabei war Hoehme weit mehr als nur wichtiger Impulsgeber: Mit rund 20 Leinwänden und Papierarbeiten ab 1955 bis 1986 zu Preisen zwischen 8000 und 450 000 Euro stellt die Galerie Georg Nothelfer (Corneliusstraße 3, bis Ende Januar) einmal mehr unter Beweis, dass Hoehme der wohl spannendste und vielschichtigste Künstler des deutschen Informel war. Wachsendes Interesse erfährt der 1989 verstorbene Künstler derzeit nicht zuletzt dank der Ausstellung „Action Painting“ in der Fondation Beyeler, die das europäische Informel aus dem Schatten der amerikanischen Kunst geholt hat. Wenn Hoehmes unbeirrte Ideen- und Formfindungen aber auch hierzulande unterschätzt blieben, so vielleicht, weil er sich nie auf eine einmal gereifte Handschrift verließ, mochte sie noch so originär sein. Mitte der sechziger Jahre nahm der Maler den von Pollock inspirierten Austritt aus dem Bild wörtlich und ging mit post-minimalistischen Materialarbeiten, die er wiederum in die Bilder integriert, in den Raum. In der auf Paul Celan anspielenden „Fädensonne“ oder im energetischen Bild „durchpulst und umpaust“ ragen Schläuche aus der Leinwand, verlaufen sie wie abstrakt expressive Farbspuren. So entsteht, bei aller Abstraktion, jener ganz eigene Realismus, wie Hoehme ihn von der Kunst gefordert hat: „Die Intensität der Wirklichkeit selbst.“

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