zum Hauptinhalt
Das Mauritshuis wurde 1633 bis 1644 als Residenz für Johann Moritz Fürst von Nassau-Siegen in Den Haag errichtet.

© GraphyArchy/Wikipedia

Kunst und Sklaverei: Pracht, die auf Ausbeutung beruht

Das Mauritshuis in Den Haag ist für seine Sammlung niederländischer Kunst des 17. Jahrhunderts berühmt. Nun dokumentiert das Museum ein wenig bekanntes Kapitel seiner Geschichte: die Verstrickung seines Namenspatrons mit dem Sklavenhandel.

Ein Kommentar von Christian Schröder

Die Sklaverei sei von allen Formen der Unfreiheit „die am meisten menschenunwürdige“. Das sagte König Willem-Alexander, als er sich Anfang Juli im Namen seiner Familie und der Niederlande für die Sklaverei und ihre Folgen entschuldigte. Der Monarch hielt seine weltweit beachtete Rede am sogenannten „Keti Koti“-Tag, an dem der Abschaffung der Sklaverei in Surinam und den niederländischen Antillen im Jahr 1863 gedacht wird. Keti Koti steht in der Sprache der Surinamesen für „zerbrochene Ketten“.

Es mag lange gedauert haben, aber nun hat die Niederlande begonnen, sich intensiv mit ihren Kolonialverbrechen zu beschäftigen. Das zeigt sich zum Beispiel im Mauritshuis, dem Museum in Den Haag, das eine herausragende Sammlung niederländischer Kunst aus dem 17. Jahrhundert beherbergt. Dort hängen Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrring“ und seine von Proust gefeierte „Ansicht von Delft“ sowie Rembrandts „Anatomie des Dr. Tulp“.

Weniger bekannt war bislang, dass die Pracht, die sich in dem Palast entfaltet, auf der Ausbeutung versklavter Menschen beruht. Der Erbauer Johann Moritz (niederländisch: Maurits) von Nassau-Siegen hatte es als Generalgouverneur von Niederländisch-Brasilien zu immensem Reichtum gebracht. Die Kolonie „basierte auf Zucker und Sklaverei“, heißt es auf einer Tafel zur Geschichte des Hauses, mit der der Rundgang beginnt.

Teil der Dauerausstellung sind jetzt auch Gemälde, die den Zusammenhang von Kunst und Sklaverei illustrieren. Dazu gehört neben Brasilien-Veduten des Landschaftsmeisters Frans Post und Schildkröten-Studien des Tiermalers Albert Eckhout auch ein Porträt, das Nassau-Siegens Nichte Maria von Oranien zeigt. Ein junger schwarzer Diener hält ihr Pferd. Es ist ein Kind, das als Geschenk für die Prinzessin von der Niederländischen Westindien-Kompanie nach Europa gebracht worden war.

Das 17. Jahrhundert gilt als „Goldenes Zeitalter“ der Niederlande. Damals stieg der kleine Land dank seiner Flotte zur führenden Wirtschafts- und Weltmacht auf. Der Kunstmarkt blühte, weil sich auch einfache Bürger und Bauern Bilder leisten konnten. Keine Gesellschaft in Europa war damals freier und fortschrittlicher.

Allerdings galt diese Freiheit nur für Weiße. Etwa 24.000 Afrikaner wurden in der Amtszeit von Nassau-Siegen auf Frachtern der Niederländischen Westindien-Kompanie als Sklaven nach Brasilien verschifft. Das Mauritshuis ließ er ab 1633 als luxuriöse Residenz errichten. Dort arbeiteten Dutzende Sklaven für ihn. „Das ist eine Geschichte, die wir auch erzählen müssen und wollen“, heißt es im Eingang des Museums. Selbstkritische Neugier, an der sich andere Sammlungen ein Beispiel nehmen sollten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false