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Kunstmesse Viennafair: Wenn Elfen helfen

Auf die Sammler verlässt sich die Wiener Messe Viennafair nicht. Ihr russischer Investor kauft selbst dort ein, für eine Million.

Die Viennafair gilt seit ihrer Premiere vor sieben Jahren als Brücke nach Südosteuropa. Eine Erfolgsgeschichte war die Wiener Kunstmesse jedoch nie. Ein Grund dafür war ein Phänomen, das auch schon andere Marktplätze beschädigt hat: Missgunst und Streit unter den jeweils ansässigen Galerien, die teilweise die eigene Messe boykottieren. Das war früher in Köln und in jüngerer Vergangenheit in Berlin zu beobachten. Doch wie in Berlin herrscht auch jetzt an der Donau Einigkeit bei der Unterstützung der lokalen Veranstaltung.

Dabei hat Wien das verblichene Berliner Art Forum gleich in mehrfacher Hinsicht beerbt. Denn das sollte ja ebenfalls den Brückenschlag gen Osten üben, was jedoch nie so recht gelang – unter anderem wegen interner Querelen, chronischer Unterkapitalisierung und unglücklicher Strategiewechsel. Kaum war das Art Forum eingestellt, übernahm die Viennafair den Berliner Termin im engen Messekalender. Seit auch die Finanzierung der Messe durch russische Investoren gesichert ist, vereint die Viennafair nun alle maßgeblichen Wiener Galerien unter ihrem Dach. Für diese jähe Eintracht gibt es gute Gründe. Die neuen Eigentümer bieten außer vollmundigen Versprechen und einer klaren Strategie vor allem eines: Geld. Sergey Skaterschikov, das Mastermind des Käufers Next Edition Partners GmbH, betreibt seit einigen Jahren mit Skates Art Investment eine Beratungsfirma in New York, die regelmäßig Reports veröffentlicht. Mit den russischen Oligarchen Vladimir Evtushenkov und Dmitry Aksenov hat er das nötige Kapital im Rücken, um nicht nur in die Messe selbst zu investieren, sondern über einen eigens aufgelegten Fond jedes Jahr für eine Million Euro bei den ausstellenden Galerien einzukaufen. Rund ein Drittel der bisher üblichen Umsätze der Messe sind schon allein aus dieser Quelle gesichert. Skaterschikov war klug genug, sich für diese Maßnahme Expertise mit ins Boot zu holen und gleichzeitig lokale Kräfte einzubinden. Geleitet wird die Ankaufkomission von Edelbert Köb, ehemals Leiter des renommierten MUMOK. Wichtige österreichische Sammler sitzen im Beirat der Messe.

Die Voraussetzungen für das Projekt sind also gut. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Von den 122 ausstellenden Galerien stammen 47 aus den Fokusländern Zentral-, Ost- und Südosteuropas. Genau ein Drittel der Aussteller kommt aus Österreich. Das ist etwas weniger als früher und tut der Messe gut. Dafür hat sich Thaddäus Ropac (Salzburg/Paris) erstmals zur Teilnahme bewegen lassen und setzt gleich ein Zeichen: Neue Gemälde von Georg Baselitz (450 000 €) und Ilya Kabakov (650 000 US-$) sowie neue Skulpturen von Erwin Wurm (65 000-100 000 €) machen seinen Stand zu einem Highlight. Die einheimische Galerie Nächst St. Stephan hat weniger wählerisch ihr halbes Programm ausgebreitet, mit einer neuen Wandarbeit von Imi Knoebel zu 140 000 Euro im Zentrum.

Dass nur fünf Monate nach Übernahme die Auswahl entwicklungsfähig ist, versteht sich von selbst. Immerhin sind die östlichen Galerien, die schon auf internationalem Parkett reüssiert haben, geschlossen angetreten, ebenso wie einige vielversprechende Neuzugänge. Wer vor fünf bis sieben Jahren angefangen hat und internationale Erfahrung besitzt, der zeigt in der Regel kluge, hintergründige und minimalistische Kunst, wie etwa Plan B (Berlin/Kluj) und Raster aus Warschau, die sich einen Stand teilen. Bei den im Westen unbekannteren Galerien scheint hingegen oft holzschnittartig kuratiert zu werden. Andererseits wartet eine international bisher weniger in Erscheinung getretene Galerie aus Bukarest mit einer echten Wiederentdeckung auf. Der 1971 aus Rumänien nach London exilierte Künstler Paul Neagu war Lehrer von heutigen Stars wie Anish Kapoor, Tony Cragg und Anthony Gormley. Seine eigene Arbeit geriet jedoch schon vor seinem Tod 2004 ins Abseits. Die Ivan Gallery zeigt in einer Einzelpräsentation ausführlich beschriftete Fotodokumente von Performances, Projektzeichnungen und eine erstmals aufgelegte Video-Edition einer Performance (Preise: 5000-7000 €).

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Türkei, von deren boomendem Kunstmarkt seit einiger Zeit die Rede ist. In Wien sind gleich acht Aussteller vertreten, von denen sechs in den Genuss eines kostenlosen Standes kommen. Ganz so leicht wie Wien macht es den jungen Exoten zwar sonst kaum jemand, doch hat man aktuell mit der Provenienz Türkei kaum Probleme, selbst zu den angesagtesten Messen zugelassen zu werden. Von den 34 übrigen Teilnehmern stammen 30 aus Westeuropa, davon wiederum 18 aus Berlin. Darunter sind so renommierte Galerien wie Carlier Gebauer und Jette Rudolph, aber auch eine Reihe von Namen, die selbst in Berlin den Wenigsten geläufig sein dürften.

Nicht nur daran muss die Messe arbeiten. Es gilt, einige Stellschrauben in der Kommunikation zu justieren. In den österreichischen Medien wird der Eindruck vermittelt, Skaterschikov wolle die Viennafair zur Shoppingmeile für neureiche Russen umwandeln. Tatsächlich macht er keinen Hehl daraus, den Kunstmarkt vor allem unter finanziellen Aspekten zu betrachten. Andererseits betont er, dass die Mittelschicht, die seinen Informationen nach bis zu 15 000 Euro im Jahr für Kunst ausgibt, auf Messen schlecht bedient werde. Das klingt eigentlich nicht abgehoben. Geradezu durchgeknallt ist jedoch das Plakat, mit dem in ganz Wien geworben wird. Die beiden Messedirektorinnen Christina Steinbrecher und Vita Zaman präsentieren sich darauf als blonder Vamp und noch blondere, barfuß hüpfende Elfe.

www.viennafair.at, bis 23.9.

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