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Kultur: Lady

CHANSON Schwarze Haare, schwarzer Anzug, schwarze Gitarre – der Star des Abends, Katharina Franck, tritt als schwarz gekleidete Lady auf die Bühne der Kalkscheune. Viele haben sie als Frontfrau des letzten deutschen Pop-Wunders Rainbirds in guter Erinnerung.

CHANSON

Schwarze Haare, schwarzer Anzug, schwarze Gitarre – der Star des Abends, Katharina Franck, tritt als schwarz gekleidete Lady auf die Bühne der Kalkscheune. Viele haben sie als Frontfrau des letzten deutschen Pop-Wunders Rainbirds in guter Erinnerung. Doch ist aus der Sängerin eine Poetin geworden. Zur Eröffnung des Chanson-Festivals (noch einmal: heute, 20 Uhr) stellt sie am Mittwoch ihr neues Album „Zeitlupenkino“ in Berlin vor. Mit experimentellem Sprechgesang versetzt sie ihre Zuhörer vom ersten Augenblick in einen träumerischen Wachzustand: Zu mehr oder weniger melodiösen Elektronikfragmenten und -loops erzählt sie Alltagsgeschichten. Nein, sie erzählt sie nicht, sie zählt auf. Denn ihre Texte sind vielmehr Gedankenfetzen, Bilder von Reisen, Sehnsüchten und von der Liebe. Im fast zehn-minütigen „New York City Marathon“ hetzt sie durch die Stadt und teilt die Fragmente ihrer Wahrnehmung, ihrer Begeisterung, ihres Schmerzes mit uns – gleich einem Tagebuch – in rhythmischen Intervallen, in Ekstase aufschwingend und abrupt zur Ruhe kommend. Chaos der Gefühle. Katharina Franck bewegt sich derweil wie eine Katze, haucht sanft ins Mikrofon, und dann, unberechenbar, fährt sie die Krallen aus. Ihr Gespür für die Komik und Tragik des Alltags ist wunderbar. Man möchte ihr nacheifern und bei der nächsten Zugfahrt dem Mann von der Mitropa auf die Frage „Was kann ich für Sie tun?“ ebenfalls antworten: „Ich möchte gerne glücklich sein/ und ein Radeberger“. Francks „Zeitlupenkino“ ist kein Album für Massen und auch nicht für Dinnerpartys. Aber wer sich auf ihre Lyrik einzulassen versteht, wird reich belohnt.

Katrin von Tippelskirch

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