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Kultur: Land der Täter

LITERATUR

Für Israels Präsident Ezer Weizmann war es 1996 bei einem Besuch in Deutschland völlig unverständlich, wie Juden im Land der Täter leben konnten. Er forderte die deutschen Juden zur Ausreise nach Israel auf. Ignaz Bubis und andere widersprachen damals energisch. Wie ein Nachhall dieser Debatte liest sich das Buch „Jüdische Berliner. Leben nach der Schoa“ . Darin erzählen 14 Zeitzeugen, warum sie in Deutschland leben (hrsg v. Ulrich Eckhardt und Andreas Nachama. Mit Fotografien von Elke Nord. Jaron Verlag. Berlin 2003. 288 S., 14,90 Euro). Ihre Motive fallen so individuell aus wie ihre verschlungenen und gefährlichen (Über-)Lebenswege: Manfred Alpern etwa ist nach der Rückkehr aus Palästina 1954 einfach „hängen geblieben“. Ernst Cramer, 1937 in die USA ausgewandert, sah eine Weißnäherin Gräber ihrer einstigen Auftraggeber auf dem Jüdischen Friedhof in Augsburg pflegen und dachte: „Vielleicht geht es doch wieder.“ Ilse Rewald und ihrem Mann hatten viele Menschen geholfen, sich in Berlin zu verstecken. Sie wollte Hitlers Wahnidee eines judenfreien Deutschland nicht durch ihre Auswanderung verwirklichen helfen.

Die Herausgeber haben vor allem Prominente befragt, darunter Ruth Galinski, Lilli Nachama, Jerzy Kanal, Ernst Cramer (Vorsitzender der Axel-Springer-Stiftung), Peter Kirchner (früherer Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Ost-Berlins). Einige der Gespräche wirken wirr. Unvollständige Sätze, unklare Andeutungen und hektische Themenwechsel rufen nach einer behutsamen Redaktion. Die Herausgeber haben es offenbar beim Abtippen belassen.

Jörg Plath

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