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Kultur: Landtagswahl in Baden-Württemberg: Der Landesbürgermeister

Glaubwürdigkeit, Fleiß, Verlässlichkeit, Bescheidenheit, Beharrlichkeit - man hat Erwin Teufel selten Schlechtes nachsagen können. Als er sich am Sonntagabend mit seiner Frau durch die Kamerapulks in den Landtag drängt, sagt er mit einem Anflug von Ungläubigkeit im Gesicht, er habe ein "fulminantes Ergebnis" erreicht, dass er so nicht erwartet habe.

Glaubwürdigkeit, Fleiß, Verlässlichkeit, Bescheidenheit, Beharrlichkeit - man hat Erwin Teufel selten Schlechtes nachsagen können. Als er sich am Sonntagabend mit seiner Frau durch die Kamerapulks in den Landtag drängt, sagt er mit einem Anflug von Ungläubigkeit im Gesicht, er habe ein "fulminantes Ergebnis" erreicht, dass er so nicht erwartet habe. "Noch vor der CDU hat das Land gewonnen", fügt Teufel hinzu. Mit dem Erfolg vom Sonntag hat er als Landesvater an Statur gewonnen und ist aus dem Schatten seiner Vorgänger Hans Filbinger und Lothar Späth getreten, unter denen die CDU in Baden-Württemberg noch absolute Mehrheiten schaffte. 49 Prozent hatte Späth 1988 noch eingefahren, und das galt schon als Rückschlag nach vier 50-plus-Ergebnissen seit 1972. Solches hatte man dem biederen Teufel nicht zugetraut, der in seiner ersten Wahl im Amt des Ministerpräsidenten 1992 sogar unter die 40-Prozent-Marke gerutscht war.

Teufels "Politik ohne Show" - ein Slogan im Wahlkampf, den Späth zweifelsohne nicht benutzt hätte - hat offenkundig gewirkt. Ein Erfolg, der auf leisen Sohlen kam. Denn es hatte im Wahlkampf lange Zeit nicht danach ausgesehen. Gerade in der Anfangsphase des Wahlkampfes, als seine Kontrahentin Ute Vogt als "politisches Ereignis" die Schlagzeilen hatte, wirkte der 61-jährige Stuttgarter Ministerpräsident bisweilen so alt und grau, wie ihn die SPD darzustellen suchte. Die Sozialdemokraten nahmen das Altersargument zwar schnell zurück, wegen Mangels an Sachlichkeit und weil in der eigenen Anhängerschaft ja auch einige ältere Herren mit von der Partie sind. Aber der Schlag hatte gesessen.

Große Koalition als Zumutung

Seit Späths Rücktritt 1991 regiert Teufel in Stuttgart, ein Jahr mit der ererbten Alleinregierung, nach der Wahl 1992 in einer großen Koalition mit der SPD, von Teufel als Zumutung empfunden. Schwarz-Grün - die beiden Parteien verhandelten damals - wollte Teufel nicht; immerhin hielt er fünf Jahre später eine Rede auf einem Grünen-Landesparteitag. Seit 1996 regiert Teufel mit der FDP, bei der Wahl zum Regierungschef im Landtag musste er damals in die zweite Runde, weil in der ersten sechs Stimmen aus den Koalitionsfraktionen fehlten.

Seine Regierungsbilanz gilt als grundsolide, aber glanzlos. Selbst führende Landespolitiker beklagten sich leise, dass es schon schade sei, wenn man mit solch einer Erfolgsbilanz bei den Wahlkampfauftritten so gar keine spontanen Beifallsreaktionen bekomme. Zu den Erfolgsnummern gehörten nicht zuletzt Fusionen: der Zusammenschluss der Energieversorger, die Schaffung der Landesbank Baden-Württemberg aus drei Instituten, die Zusammenlegung von SDR und SWF zum länderübergreifenden Südwestrundfunk. Erfolge kleidet Teufel gern in Zahlen, mit denen er geradezu um sich wirft. Und die Zahlen sagen, Baden-Württemberg sei überall vorn dabei, wenn nicht sogar Spitze. Aber ihm fehlte, darüber kann auch das Ergebnis vom Sonntag kaum hinwegtäuschen, der zündende Wahlkampfschlager. Die Wahlbeteiligung sank nochmals.

Oettinger gibt sich loyal

Am besten kam Erwin Teufel dort an, wo er herkommt: In den ländlich-kleinstädtisch geprägten Regionen, vor allem den katholischen. Der Bauernsohn aus Zimmern bei Rottweil lebt weiterhin in Spaichingen, wo er mit 25 Jahren Bürgermeister geworden war. 1972 kam er in den Landtag, wurde schnell Staatssekretär im Innen-, später im Umweltministerium. Die Fraktionsführung übernahm er 1978 von Lothar Späth. Seit 1991 ist Teufel CDU-Landeschef, seit 1992 auch stellvertretender Bundesvorsitzender. So ist er abgesichert. Da konnten jene in der eigenen Partei, die ihn beerben wollen, schlecht gegen ihn angehen. Nach dem Ergebnis vom Sonntag wird das so bleiben.

Fraktionschef Günther Oettinger, der als aktiver Nachfolgekandidat gilt, muss nun weiter warten - mit weniger Hoffnung als bisher. Oettinger tritt unmittelbar nach 18 Uhr vor die Mikrofone: "Erwin Teufel geht gestärkt in die nächste Legislaturperiode. CDU und FDP werden ihn geschlossen zum Regierungschef wählen." Und er? "Ich möchte Fraktionsvorsitzender bleiben", sagt Oettinger.

Möglicherweise, so sieht es am Wahlabend lange Zeit aus, als Vorsitzender einer Mehrheitsfraktion. Denn auf Grund des baden-württembergischen Wahlrechts ist eine absolute Mehrheit der Sitze nicht ausgeschlossen, als Teufel vor die Kameras muss. "Ich werde nicht übermütig", sagt Teufel zu solchen Aussichten und bietet der schwächelnden FDP die Fortsetzung der Koalition an. Und auf die Frage, ob er die gesamte Legislaturperiode amtieren wolle, kommt die schnelle, erleichterte Antwort: "Worauf Sie sich verlassen können!"

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