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Kultur: Liebe geht, Liebe kommt

Tom Tykwers brillanter Kurzfilm „True“ im Kino-Vorprogramm

Die Zeit ist aus den Fugen: 12 Minuten Film, gedreht an vier Tagen, an 31 Orten, mit 98 Szenen – man sieht das Team nur so zwischen den Terminen hin und herhetzen, im Laufen wird die Kleidung gewechselt, das Make-up erneuert. Aufwändige Dreharbeit, auf Miniaturformat geschrumpft. Die gefühlte Zeit in „True“ jedoch ist unbegrenzt. Es ist die Entwicklungszeit einer Liebe mit all ihren Vergangenheits-,Zukunfts- und Möglichkeitsformen. Ein Kurzfilm? Ein Überlängenfilm.

Tom Tykwers „True“, auf der diesjährigen Berlinale im Kurzfilm-Wettbewerb vorgestellt und jetzt als Vorfilm zu Achim von Borries’ „Was nützt die Liebe in Gedanken“ im Kino zu sehen, ist ein Zwischenprodukt. Gedreht 2002, zwischen der internationalen Produktion „Heaven“ und der geplanten Verfilmung von Patrick Süskinds Bestseller „Das Parfüm“, finanziert aus den Preisgeldern für „Der Krieger und die Kaiserin“, gedacht als Beitrag einer Kompilation zum Thema Paris und Liebe, gewidmet seiner ehemaligen Lebensgefährtin Franka Potente („For F.“ heißt es im Abspann). Ein Abschiedsfilm. Eine Hommage. Ein Film, so Tykwer, „in dem das ganze Leben – nein, die ganze Liebe – noch einmal ganz schnell an einem vorbeizieht“.

Thomas, ein Blinder, sitzt an der Schreibmaschine. Das Telefon klingelt, seine Freundin ist am Apparat, will sich trennen. Und schon läuft der Film rückwärts, zur ersten Begegnung, dann wieder vorwärts, entlang den Stationen dieser Liebe. Der Blinde (Melchior Beslon) führt Francine (Natalie Portman) zur Bewerbung an der Theaterakademie. Er trifft sie am Arc de Triomphe, küsst sie am Ufer der Seine, verabschiedet sie am Gare du Nord. Während die beiden immer wieder die gleichen Situationen durchleben, tanzt die Kamera (ein Rausch: Frank Griebe) um sie herum, saust das Leben vorbei, im Zeitraffer. Aus dem Frühling ist Herbst geworden, und das Telefon klingelt erneut. Ein Ende, ein Anfang (die schöne Pointe wird nicht verraten). Und man möchte den Film noch einmal sehen. til

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