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London, Schauplatz von Ben McPhersons Debütroman.

© picture alliance / Yui Mok/PA Wire/dpa

Krimi "Die Spur der Lügen": Liebe in der Grauzone

Nach dem Mord an ihrem Nachbarn lernen sich die Ehepartner Millicent und Alex ganz neu kennen: Ben McPherson entfesselt in seinem ersten Roman einen Psychokrieg.

Alex Mercer ist, wie er sagt, „verwirrt“ von dem, was ihm seine Frau Millicent soeben gestanden hat. Dass nämlich die Polizei einen Armreif von ihr im Schlafzimmer des Nachbarn Bryce gefunden hat, „hinter dem Kopfteil des Bettes“, um genau zu sein. „Es gab keinen Sex“, sagt Millicent. „Aber ich habe Bryce gekannt. Besser als ich zugegeben habe.“ 48 Stunden zuvor hat der Filmemacher Mercer Bryce tot in der Badewanne gefunden. Die Katze seines Sohns war durch die offene Terrassentür ins Nachbarhaus gelaufen.

Ben McPherson macht in seinem ersten Roman das Haus der Mercers im ärmlichen Londoner Norden zum Ort eines Psychokrieges. Millicent und Alex lieben einander – eigentlich. Vor allem lieben sie Max, ihren Jungen. Aber zwischen ihnen steht eine Trauermauer. Millicent hat ein Kind verloren, mit dem sie schwanger war. Sie hat sich zurückgezogen und sich darauf verlassen, dass Alex für Max da ist. McPherson erzählt davon lakonisch.

Täglich kommen neue Einzelheiten ans Licht

Zwei Londoner Detectives glauben, dass Bryce ermordet wurde. Klar, dass Alex verdächtigt wird. Motiv: Eifersucht. Doch es kommen täglich neue Einzelheiten ans Licht. Es ist, als würden sich Millicent und Alex auf eine düstere Weise neu kennenlernen.

Nichts von dem, was McPherson erzählt, wirkt unwahrscheinlich: Millicent hat nicht alles erzählt. Und Alex hat sich, während Millicent ihre Zeit im Trauer-Exil verbrachte, eine gewisse Flirtbereitschaft gegenüber anderen Frauen angewöhnt. Dann wird Millicent verhaftet: Mordverdacht. Wie der als Journalist in Oslo lebende Schotte McPherson diesem prallen Psychokrimi mit seinen sympathischen Mordverdächtigen eine überraschende Wendung gibt, das ahnt man zwar auf den letzten fünfzig Seiten. Doch ist man der Familie Mercer so nah gekommen, dass man froh ist, wenn am Ende die Schuld nicht gesühnt wird.

Ben McPherson: Die Spur der Lügen. Roman, Aus dem Englischen von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann. Goldmann, München 2017. 541 Seiten, 9,99 €.

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