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Kultur: Lieben und schweigen

Hoher Himmel: ein Krimi von Mechtild Borrmann

Liebe, ganz zart. Rache, ganz brutal. Lügen, überaus gekonnt – und das alles am Niederrhein, auf dem Land, in einer Geschichte, die viel mehr ist als ein guter Kriminalroman, nämlich: eine Romanze – und ein Geschichtsbuch, das den Zweiten Weltkrieg und seine Spuren in die Gegenwart holt. Die Bielefelder Autorin Mechtild Borrmann hat in ihrem vierten Krimi mit dem Titel „Wer das Schweigen bricht“ weit ausgeholt. Die Romanze, die drei Morde zur Folge hat, ist eine Kriegsgeschichte: Eine junge Frau, noch nicht erwachsen, verliebt sich in einen Russen – er ist Zwangsarbeiter auf einem Hof am Niederrhein. Und schon die Beschreibung dieser Liebesbeziehung zeigt, dass ein Krimi auch spannend und überraschend sein kann, wenn er dezent erzählt wird, mit Gefühl, aber ohne Schoßbekenntnisse.

Die Wärme dieser Beziehung kontrastiert heftig mit der Eiseskälte der Kriegsnächte, in denen die junge Therese zu retten versucht, was nicht mehr zu retten ist. Einer aus dem Dorf hat sie verraten. Mit dem Verrat hat er sie den NS-Karrieristen ausgeliefert, die noch auf dem Dorf des Führers Befehle über alles stellten. Und auch da, wo es brutal wird für Therese und ihre Liebe, verzichtet Mechtild Borrmann auf die Art von Blutrünstigkeit und Folterfantasie, die viele Krimiautoren heute für unabdingbar halten. So grausam waren die Zeiten, dass Therese, die Hauptperson, einfach nur wie ein Einzelschicksal wirkt. Doch ihre Geschichte hat einen tragischen Zug. Längst hat sie den Russen – und die Hoffnung – verloren, als sie erkennen muss, wie weit sie tatsächlich manipuliert worden ist, um die Romanze zu überleben. Noch einer kommt ums Leben, und viel später noch eine junge Frau. Es geht immer um den einen Verrat, um das Wissen, das Schweigen und das Lügenmüssen. Die Tragik der Geschichte hat was ganz Unauffälliges, Therese und die anderen Beteiligten wollen nur zurechtkommen. Noch eine Stärke dieses kleinen, sehr bewegenden Krimis: Mechthild Borrmann geht gut mit allen um, die an der Verwicklung wie an der Entwicklung der Geschichte beteiligt sind – glaubwürdige Leute, die in die eine Landschaft passen, über der ein hoher Himmel steht und in der die Leute genau wissen, was es bedeutet zu schweigen. Und die auch schweigen können. Aber nicht bis zuletzt.Werner van Bebber

Mechtild

Borrmann
: Wer das

Schweigen bricht.

Roman. Pendragon

Verlag, Bielefeld 2011.

224 Seiten, 9,95 €

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