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Verstand und Bauch.  Das dysfunktionale Paar (Valerie Niehaus) und Rudy (Stefan Jürgens) beim Baseball.

© Promo/Barbara Braun

"Zwei wie wir" in der Komödie am Kurfürstendamm: Liebesstreit beim Lunch

Charmante Sichnichtversteher: Folke Braband inszeniert „Zwei wie wir“ in der Komödie am Ku’damm. Die Hauptrollen spielen Valerie Niehaus und Stefan Jürgens.

Verdammt lang her. Fast vier Jahre – genauer: drei Jahre und neun Monate – haben Nora und Rudy sich nicht mehr gesehen. Klar, nach einer Scheidung verbringen die meisten Paare nicht eben täglich Zeit miteinander. Jetzt aber laufen sich die Ex-Eheleute im Restaurant über den Weg, was für ein Zufall, „die Welt ist ein Dorf“, wie Rudy zu sagen pflegt. Und weil die Zeit zwar nicht alle Wunden heilt, aber gelegentlich genug Distanz für halbwegs unverkrampfte Begegnungen schafft, nutzen Nora und Rudy die Gunst der Stunde für ein Gläschen. Und die Rückschau auf die Best-ofs und Tiefpunkte ihrer Beziehung.

„Zwei wie wir“ heißt leicht beliebig die romantische Komödie, die Folke Braband am Ku’damm als deutschsprachige Erstaufführung inszeniert hat. Das Stück stammt von Norm Foster, der hierzulande nicht wirklich eine Marke ist, obwohl seine Homepage ihn stolz als „Kanadas meistgespielten Dramatiker“ ausweist. Die Geschichte von Nora und Rudy hat er 1993 ersonnen, unter dem Titel „Wrong For Each Other“. Was den Kern der beim Lunch beleuchteten Liebesquerelen sehr viel besser trifft als die deutsche Übersetzung. Denn die Managerin eines Kunstcenters, die von Valerie Niehaus gespielt wird, und der Maler – genau, Anstreicher, nicht Künstler –, den Stefan Jürgens verkörpert, passen eigentlich überhaupt nicht zueinander.

Wie Kerle so sind: er wünscht sich Kinder

Sie ist eine kultivierte Frau aus wohlhabender Familie. Er ein hemdsärmeliger Gemüsehändlersohn. Sie sieht ihre Selbstverwirklichungs-Optionen nicht unbedingt im Modell Kleinfamilie. Er wünscht sich, wie Kerle halt sind, unbedingt Kinder. Dass zwischen den beiden trotzdem eine Anziehung besteht, die bis vor den Altar trägt, ist wohl damit zu erklären, dass Menschen und ihre Liebesverhältnisse halt rätselhaft sind.

Fosters Stück rollt in Rückblenden zwischen Restaurantgegenwart und Vergangenheit Situationen auf, die das herzliche Nichtzusammenpassen von Nora und Rudy pointiert bebildern. Das erste Treffen im Blumenladen. Das erste Date im Baseballstadion. Die erste gemeinsame Nacht mit anschließender Diskussion über angemessene Schlafzimmerlautstärke. Zusammenziehen und Heirat. Schließlich die Bruchstelle. Der Tod der gemeinsamen Tochter bei der Geburt.

Regisseur Folke Braband inszeniert diese fotoalbummäßige Revue routiniert im funktionalen Bühnenbild von Tom Presting, das mit fahrbarem Restauranttisch und wechselnden Hintergrundtapeten für den schnellen Schauplatzwechsel arbeitet.

„Zwei wie wir“ hat vielleicht nicht den Esprit von David Greigs „Eine Sommernacht“, das Braband am Kurfürstendamm mit Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen inszeniert hat. Aber kurzweilig und charmant ist der Abend trotzdem. Vor allem, weil Valerie Niehaus und Stefan Jürgens als Beziehungs-Katastrophe toll harmonieren. Sie ist (im Rahmen der genretypischen Geschlechterbeschränkungen) klasse als selbstbewusste Frau, die sich mit offenen Zweifeln in den Liebesversuch begibt und sich nicht kleinmacht. Er überzeugt als Bauchmensch, der sich in seiner Ich-weiß-wo's-langgeht-Pose zwar ziemlich schnell verunsichern lässt, aber letztlich auf Wagemut setzt. Den beiden sieht man extrem gern zu bei der Erinnerungsbewältigung im Zeitraffer.

Komödie am Kurfürstendamm, bis 1. März, täglich außer montags

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