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Kultur: Littletownblues

Anne Sofie von Otter, Peter Mattei und der Jazz

Wenn es klassischen Musikern zu wohl wird, dann betreten sie jenes dünne Eis, das sich Jazz nennt. Einmal dahingleiten, blue notes unter den Kufen, elegant, abgründig, weltstädtisch. These little town blues are melting away. Ach, „New York, New York“, was hast du nicht alles überstanden. Da kommt es auf einen Opernsänger, der dich, die Hand in der Hosentasche, taktgenau herunterbuchstabiert, auch nicht mehr an, oder? Es waren absolute Topstars, die sich da im Konzerthaus über das Great American Songbook beugten. Jung und begeisterungsfähig das Mahler Chamber Orchestra unter Daniel Harding, stimmgewaltig, ausdrucksstark und sinnenfroh das Gesangsduo Anne Sofie von Otter und Peter Mattei.

Und doch bedeutete das alles wenig, denn es fehlte der Swing. Mit den Arrangements für das in extrapraller Besetzung angetretene Orchester fing es an. Unter den erschlagenden Bläsersätzen waren die Streicher meist nicht zu hören – und wenn, dann fehlte es ihnen an einem eigenen Sound. Harding verwechselte immer wieder grelle Lautstärke mit spritzigem Spiel und wackelnde Einsätze mit Coolness. Pures Orchesterkaraoke die Auftritte von Peter Mattei, der von einem Bein aufs andere tretend mit Grabesstimme vor dem Taumelrhythmus von „Night and Day“ kapitulierte.

Von Otter hätte ihn gekonnt, den Schritt auf die andere Seite, mit einem echten Partner an ihrer Seite – das hat sie mit Elvis Costello bewiesen. So glimmte ihre wunderbare Stimme nur kurz auf, am Rande des Verstummens. Dann rutschte weiter, was doch gleiten, und dröhnte, was vibrieren sollte. Ein Konzertabend, der an die TV-Spots eines Baumarkts erinnerte: Glücklich steht dort der Heimwerker vor seiner Schöpfung, die alsbald unter Lärmen in sich zusammenstürzt. „Vielleicht hätten sie besser jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt“, kommentiert eine Stimme aus dem Off. Wie wahr sie spricht.

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