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"Lustige Witwe": Dubai ohne Palmen

Harald Schmidt, Christian Brey und ihre „Lustige Witwe“ in Düsseldorf.

Wenn er ins Theater geht, bleibt er garantiert bis zum Schlussapplaus, hat Harald Schmidt neulich verraten. Auch wenn ihm die Inszenierung nicht gefällt. In der Pause zu gehen, wäre für einen wie ihn ein zu großes Risiko: Schmidt gehört zu den bekanntesten Gesichtern in diesem Land, und wenn er sich vor der Zeit aus dem Staub macht, gibt es bestimmt jemanden, der das als „Bild“-Leserreporter zu einer ganz großen Sache aufbläst.

Harald Schmidt als Gast zu haben, bedeutet in der real existierenden Mediendemokratie, massives Interesse auf sich zu ziehen. Ihn bei seinem Debüt als Operettenregisseur präsentieren zu können, ist mit keinem Marketing-Etat der Welt aufzuwiegen. Insofern ist dem neuen Düsseldorfer Opernintendanten Christoph Meyer ein echter Coup gelungen.

Vor 30 Jahren hatte Meyer das Schauspieler-Greenhorn Schmidt am Augsburger Theater kennengelernt. Als der Theatermanager jetzt Bühnenchef in der NRW-Landeshauptstadt wurde, fragte er bei dem mittlerweile zum A-Promi aufgestiegenen Entertainer an – und tatsächlich wollte Schmidt das Abenteuer wagen, zusammen mit seinem Kumpel Christian Brey, der bereits bei den Schmidt-Happenings „Prinz von Dänemark“ sowie „Elvis lebt“ Regie geführt hatte. Für Meyer ein programmierter Erfolg: Ob sich das Duo bei der „Lustigen Witwe“ nun geschickt anstellen würde oder nicht – bereits im Vorfeld der Premiere schaute die ganze Kulturnation gebannt nach Düsseldorf.

Am Freitag dann stehen diverse Übertragungswagen vorm Opernhaus, es gibt Live-Schaltungen im WDR, und die überregionale Presse ist komplett versammelt. Vorfreude in den Foyers, „Ohs“ und „Ahs“, als sich endlich die Saaltüren öffnen, das Publikum den silbrigen Lamettavorhang erblickt. It’s showtime! And it’s garantiert kein Regietheater, das hatte Schmidt in allen Interviews versprochen.

Tatsächlich ist der Lehar-Hit wohl lange nicht mehr so treu am Libretto entlang bebildert worden. Schmidt-Kalauer gibt es nur am Anfang und während der Umbaupause zum dritten Akt. Die paar Pointen aber sitzen, wenn es etwa über den Operetten-Staat Pontevedro heißt „Wir sind so pleite, man nennt uns schon das Dubai ohne Palmen“ oder wenn Baron Zeta auf die Frage, auf welchem Auge er denn nun blind sei, die typische ZDF-Handbewegung macht: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“

Dieser Abend ist kurzweilig, er ist professionell gemacht wie eine musical comedy – und bleibt doch eine Produktion, nach der kein Hahn krähen würde, wenn nicht das Markenlabel „Harald Schmidt“ drauf klebte. Annette Hachmann und Elisa Limberg haben ein Halbrund aus drehbaren Spiegelwänden aufgebaut, in dem man so ziemlich jedes Stück spielen könnte. Es regnet Luftballons, Discokugeln drehen sich, im Salon von Hanna Glawari stehen bunt glänzende Jeff- Koons-Skulpturen. Die regenbogenbunten Kostüme (Petra Bongart) wirken wie die aktuelle Festtags-Kollektion von Peek & Cloppenburg, Stefan Steward hat ein paar neckische Choreografien beigesteuert, im Übrigen aber dürfen die Sänger ihre Arien ungehindert an der Rampe schmettern. Düsseldorfs Generalmusikdirektor präsentiert die alte Witwe ganz resch, mal mit trockenen Beckenschlägen und scharfen Trompeten im Tingeltangel-Sound, dann wieder mit aufrauschenden Streichern, klangsinnlich aber nie sentimental.

Morenike Fadayomi, die hauseigene Diva, beeindruckt als Primadonna der alten Schule, die ungemein selbstbewusst über die Bretter zu schreiten vermag und so gut singt, wie sie aussieht. Will Hartmann ist ihr kerniger Danilo, der blitzsaubere Sopran von Annett Fritsch (Valencienne) bildet einen charmanten Kontrast zum schmalzigen Tonfilm-Tenor von Eric Fennell (Rosillon). Und Schmidt und Brey nehmen die Musik tatsächlich ernst. Dass die Macher übers bloße Entertainment hinaus allerdings ein Anliegen hätten, wird nicht deutlich. Aber das kennen wir ja schon aus der „Harald Schmidt Show“.

Weitere Infos: www.operamrhein.de

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