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Kultur: Mahlers Rache

Die jungen Schweizer Sinfoniker bei Young Euro Classics in Berlin

Schlechte Zeiten für die Schweiz. So, wie das Land derzeit durch Skandale und Katastrophen gebeutelt wird, scheint es schon fast als Konsequenz des Schicksals, wenn sich auch beim Konzert des Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchesters bei Young Euro Classic prompt das worst-case-Szenario einstellt: Erst eine heillos drauflosquasselnde Patin (Anne Will aus den „Tagesthemen“), die takt- und bedenkenlos in einem Atemzug den Bogen von Asterix-Heften über Totengold zu Botschafterklatsch schlägt, dann noch eine herzlich belanglose Uraufführung, bei der sich allerhand Schon-hundertmal-gehört-Kunsthandwerk um ein Mahler-Zitat rankt („Angor“ von Rolf Urs Rigger), und dann noch Mahlers Dritte. Dass die für das Orchester wie für den Dirigenten eine heillose Überforderung darstellt, wird im Konzerthaus schon nach wenigen Takten klar: Wenn nach dem abbröckelnden Hornruf der einleitende Trauermarsch garantiert spannungsfrei loslatscht und verordnete Langsamkeit vergeblich Bedeutungsschwere suggerieren soll.

Freilich haben sich die Schweizer und ihr Dirigent Kai Bumann die Suppe selbst eingebrockt: Weit unbarmherziger als etwa eine Richard-Strauss-Tondichtung oder eine Brahms-Sinfonie rächen sich Mahlers Werke bei all denen, die nichts zu ihnen zu sagen haben und sich nur an der schillernden Oberfläche von Melodie und Ekstase entlanghangeln. Wie man’s macht, zeigt nur Brigitte Balleys in ihrem angenehm schlicht gesungenen Altsolo, die jungen Musiker sind dagegen hauptsächlich mit dem bloßen Durchkommen beschäftigt. Für manche Werke braucht es eben doch Profis – was in einer Stadt mit acht Orchestern irgendwie auch beruhigt. Jörg Königsdorf

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