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Kultur: Man muss kein glühender Christ sein, um diesen bombastisch belanglosen Film ärgerlich zu finden

Pünktlich zum Jahrtausendbeginn erreicht uns eine Splatter-Variante der Kreuzigung Jesu. Aus heiterem Himmel werden der lebenslustigen Frankie (Patricia Arquette) von einer unbekannten Macht Wunden an Händen und Füßen geschlagen, sie spricht in Zungen, wird gelegentlich zum Tier und hat generell nicht mehr viel Spaß im Leben.

Von Susanna Nieder

Pünktlich zum Jahrtausendbeginn erreicht uns eine Splatter-Variante der Kreuzigung Jesu. Aus heiterem Himmel werden der lebenslustigen Frankie (Patricia Arquette) von einer unbekannten Macht Wunden an Händen und Füßen geschlagen, sie spricht in Zungen, wird gelegentlich zum Tier und hat generell nicht mehr viel Spaß im Leben. Der überaus attraktive Pater Andrew Kiernan (Gabriel Byrne) soll ihren Heimsuchungen auf den Grund gehen. - Es gibt ausgezeichnete Thriller, die aus dem christlichen Fundus schöpfen. Doch "Der Name der Rose" (1986) basiert auf fundierten Überlegungen, und in "Sieben" (1995) entsteht das Grauen nicht aus willkürlichen Bildern, sondern aus den Todsünden, die in den Bildern sichtbar werden. Selbst "Der Exorzist" (1973) hat immerhin eine gewisse Logik, denn dort ist die Hauptperson vom Teufel besessen. Mit solchem Denk-Aufwand verplempert Stigmata keine Zeit. Frankie wird nicht vom Leibhaftigen geschunden, sondern von einem verstorbenen Mann Gottes, der einen unterschlagenen Psalm unter die Leute bringen will. Warum er das nicht persönlich erledigt hat, anstatt postum ein Menschenkind fast zu Tode zu quälen, wird nicht erklärt. Wie die Tortur dieses Menschenkindes zur frohen Botschaft passt, bleibt ebenfalls ein Geheimnis. Der Psalm enthält die Aussage, das Königreich Gottes sei in und um den Menschen, nicht in Gebäuden aus Stein und Holz. Dass um die nämliche Interpretation der Lehre Christi bereits seit manchem Jahrtausend gestritten wird - egal. Das Wichtigste ist, dass Frankie wie der Gekreuzigte in der Luft hängt und mit Männerstimme Unverständliches bellt, dass sich so zarte wie verbotene Liebesbande entspinnen und am Ende eine ordentliche Feuersbrunst die Möglichkeiten moderner Kinotechnik hervorhebt. Man muss kein glühender Christ sein, um diesen bombastisch belanglosen Film ärgerlich zu finden.In 18 Berliner Kinos, Originalfassung in der Kurbel

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