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Die Schauspielerin Susan Sarandon hat nur wenige Fehltritte vorzuweisen.

© AFP

Martensteins Berlinale (1): Was die Moral von der Filmgeschichte übrig lässt

Googeln Sie mal die Namen von Schauspielern: Die Welt ist voller Vorwürfe. Womöglich ist nur noch Susan Sarandon tragbar. Eine Berlinale-Kolumne.

Es gibt eine Debatte darüber, welche Künstler im Filmbusiness überhaupt noch tragbar sind. Deshalb habe ich „Schauspieler“ und „Vorwürfe“ gegoogelt. So erfuhr ich, dass Tilda Swinton, Ehrengast dieser Berlinale, sich einen Rassismusvorwurf eingefangen hat, weil sie in „Doctor Strange“ eine Asiatin spielt. Das sei respektlos, weil sie offenbar gar keine echte Asiatin ist. Liam Neeson hat in Zusammenhang mit „MeToo“ vor einer „Hexenjagd“ gewarnt, das Wort ist frauenfeindlich. Dann wollte ich wissen, was Kevin Costner auf dem Kerbholz hat, der Name fiel mir zufällig ein. Er soll während einer Massage im Hotel masturbiert haben, aber bestreitet dies, möglicherweise ging es der Masseurin auch um eine Abfindung.

Ich habe mich gefragt, wen ich als Schauspieler wirklich toll finde, und gab „Sean Connery“ ein. Seine erste Ehefrau behauptet, dass er sie verprügelt hat. Außerdem soll er Steuern hinterzogen haben. Bei Bill Murray, Ehrengast dieser Berlinale, lauten die Vorwürfe multiple Drogensucht, Sexsucht und häusliche Gewalt. Außerdem hat er einem Regieassistenten, der während einer Drehszene telefonierte, damit gedroht, ihn zu erstechen, wenn er nicht aufhört.

Chaplin schwängerte eine 15-Jährige

Bei Charlie Chaplin hatte ich gleich ein mulmiges Gefühl. Richtig: aggressives und vulgäres Verhalten, eigentlich dauerhaft. Chaplin hat eine 15-Jährige geschwängert. Bei Clint Eastwood war ich überrascht, dass seine Weste in puncto Sexismus weiß zu sein scheint, bei häuslicher Gewalt scheint eher er der Gefährdete zu sein. Seine relativ junge Ehefrau soll ihren ersten Gatten mehrfach verprügelt haben. Spike Lee hat Eastwood Rassismus vorgeworfen, stimmt, aber das tut Spike Lee ja nun bei jedem.

Ich erzähle das nicht, um Vorwürfe zu verharmlosen oder mich über Opfer lustig zu machen. Ich frage nur: Was bleibt von der Filmgeschichte übrig, wenn man höchste Moralmaßstäbe anlegt? Womöglich Susan Sarandon. Gegen sie liegt lediglich vor, dass sie Papst Benedikt einen „Nazi“ genannt hat. Zum Glück ist der, soweit bekannt, wenigstens keine Frau.

Schade ist es um Helmut Berger, der auf seine alten Tage vor laufenden Kameras masturbierte, was seinen Mann Florian Wess dazu veranlasste, die Scheidung einzureichen: „Für mich ist es schrecklich, so vor den Kopf gestoßen zu werden.“ Einer, bei dem ich partout nichts finden konnte, ist der Schauspieler Henry Hübchen. Der härteste Vorwurf lautet, er sei „nicht frei von Eitelkeit“.

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