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Max Jacoby in der Galerie Argus Fotokunst: Großstadtglanz

Vom pompösen Portal in der Bleibtreustraße bis hin zu spielenden Kindern im Hinterhof: Max Jacobys Berlin-Impressionen in der Galerie Argus Fotokunst.

Als Max Jacoby 1957 aus dem argentinischen Exil nach Berlin zurückkehrte, brachte er vor allem eine große Portion Neugier mit. Was war aus der Stadt geworden, die er zwei Jahrzehnte zuvor verlassen musste? Das wollte Jacoby wissen, wenn er mit seiner Kamera durch Schöneberg, Charlottenburg oder den Tiergarten streifte. Das war die Zeit, als man noch sonntäglich angezogen zur Maikundgebung vor dem Reichstag ging und sich an der Losung „Berlin gehört zur Freien Welt“ aufrichtete. Der Kurfürstendamm bei Tag und bei Nacht, Nobelkarossen vor Kempinski, der Staatsbesuch John F. Kennedys in Begleitung von Konrad Adenauer – was immer nach zunehmender Prosperität, Großstadtglanz und politischer Selbstbehauptung aussah, faszinierte den Angekommenen, der seine fotografische Grundausbildung bei keinem Geringeren als bei dem berühmten Meisterfotografen George Friedman in Buenos Aires erfahren hatte.

Dazu gehörte, dies zeigt eine eindrucksvolle Auswahl von Jacobys Berlin-Impressionen in der Galerie Argus Fotokunst, auch ein genauer Blick für Kontraste. Ein pompöses Portal in der Bleibtreustraße, die er zu seiner Lieblingsfotostrecke erkoren hatte, war erst interessant, wenn gerade jemand aus dem Haus trat, eine nicht minder kunstvolle Fassade, wenn ein Bewohner aus dem Fenster schaute. Die tiefenscharfe Komposition mit der Gedächtniskirche, vorn das Profilbild eines Passanten, dahinter der schwarz aufragende Rumpf des Turmes, prägt sich dem Gedächtnis ebenso ein wie manche Aufnahmen aus der Vogelperspektive. Ein Draufblick auf einen Hinterhof mit spielenden Kindern unter der Teppichstange lässt erkennen, dass ihm auch das Berliner „Milljöh“ nicht fremd war. Spannend sind ebenfalls die kleinen Studien von Gullydeckeln und aufbrechendem Asphaltbelag.

Hellwache Fotoästhetik

Nie oder nur selten wollte Jacoby einen Blick einfangen, den er selbst provoziert hatte. Im Grunde neigte er weder einer betont subjektiven Fotografie noch dem sozialen Realismus zu, sondern einer hellwachen Fotoästhetik, die dem Zeitgeist auf der Spur war, ohne ihn konterkarieren zu wollen (Preis pro Vintage-Print: 600–1500 Euro). Der Flyer zur Ausstellung zeigt Max Jacoby im Halbprofil, wie er mit gespanntem Gesicht „ein Objekt“ fixiert – vielleicht gerade das junge Liebespaar am Wannsee als fulminant gedrehte Rückenansicht. Der Fotograf ist ein bürgerlich gekleideter, schmaler Mann mit Brille, so wie man sich seinerzeit einen Fotoreporter vorstellte, der zu keiner Stunde die Kamera zur Seite legte. Schon gar nicht am späten Abend, wenn die Lichtspuren der Autos und die Leuchtreklame von den Dächern zu einer einzigen Metapher der neuen Dynamik der Großstadt verschmolzen.

Galerie Argus Fotokunst, Marienstr. 26; bis 4. 3., Mi–Sa 14–18 Uhr

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