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Kultur: Mein Feind, der Kommunist

THEATER

Die maßlose, hitzig-religiöse Verehrung Stalins, vor allem in der Sowjetunion, war eine Krankheit, die die Welt erschüttert hat. Matéi Visniec verbannt sie in seinem Theatertext „Die Geschichte des Kommunismus nacherzählt für Geisteskranke“ folgerichtig ins Irrenhaus. Historische Vorgänge, die realen Schrecken der Stalinzeit also, leben weiter und steigern sich in den Geschichten, Berichten, Erlebnissen der Insassen. Die Verwahranstalt wird so zu einem abgeschlossenen, unwirklichen Ort konzentriertester Verrücktheit – und Wahrhaftigkeit. Visniéc weist drastisch nach, dass der für die Irren nacherzählte Kommunismus selbst die Krankheit ist, weil schon die Wurzel der Utopie faulig war. Nichts ist sicher. Die Ärzte könnten auch Patienten sein, die Schwachsinnigen scharfsinnige Analytiker.

Marlon Metzen gibt den Erzählungen vom Kommunismus im Studio des Gorki Theaters (wieder am 5., 14. und 21. 12.) eine deftig fassbare Wirklichkeit. Die Zuschauer sitzen im Rechteck um eine in grüne Quadrate geteilte, mit Medizinbällen angereicherte Turnfläche (Bühne: Thomas Dreißigacker). Zum Training ist eine Mannschaft aus sechs Spielern angetreten, in Sportanzügen (Kostüme: Marion Münch), auf deren Rücken je ein Buchstabe steht. Sechs Buchstaben also zusammen: Stalin. Für die engagierten Schauspieler wird es da nicht leicht, zu Rollen zu finden, weil es die nur in Ansätzen und Momenten gibt. Nicht durchweg gelingt es der Aufführung, geistige Bewegung in körperlicher festzumachen.

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