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Kultur: Mene mene tekel

Sven Böttcher beschwört die Klimakatastrophe

Regen fällt, tagelang, nächtelang. In Sven Böttchers „Klimathriller“, wie es auf dem Umschlag heißt, hört der Regen nicht mehr auf, wochenlang. Die Sintflut ist, man ahnt es, Folge des Klimawandels. Die Wassermassen treffen nur die nördliche Halbkugel der Erde. Im Süden herrscht Dürre. Gnadenlos bringt die Sonne die Menschen um den letzten Rest von Wasser. Flüchtlingstrecks versuchen, nach Europa zu gelangen, zum Wasser. In ein paar Jahren – Angela Merkel regiert noch bei Böttcher – wird es so weit sein.

Das Szenario hat starke Reize in einer Zeit, in der es für die meisten kein normales Wetter mehr gibt, sondern nur noch meteorologische Vorzeichen der Katastrophe. Die Heldin des Romans ist denn auch eine junge Klimaforscherin. Sie arbeitet an einem geheimen Forschungsprojekt mit und bringt den Dauerregen mit einer Prognose in Verbindung, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen darf.

An diesem Punkt wird aus Böttchers spannender Untergangsvision ein verschwörerischer Thriller herkömmlicher Bauart. Jetzt geht es um ein paar üble Typen, die mit der Klimaforschung Politik und Geschäfte machen. Mit denen will es die Forscherin aufnehmen. Dazu kommen ein männlicher Begleiter für die etwas einsame junge Frau, ein abtrünniger Wissenschaftler, den sein Gewissen auf die Seite der Guten treibt, und eine Truppe von Öko-Anarchos mit enormer Internetkompetenz. Denn wichtiger als Dauerregen und Sonnenterror wird nun, wie die Medien und die Politiker mit beidem umgehen. Jetzt geht es nicht mehr ums Wetter, sondern um Manipulation.

Es ist eine gut konstruierte, wirklichkeitsnahe Geschichte, und doch fehlt ihr der globale Horror, den Frank Schätzing im „Schwarm“ erzeugte. Mit dessen Gegeneinander von Natur und Mensch kann es die „Prophezeiung“ nicht aufnehmen. Gruselig wird es gleichwohl, als in den nordeuropäischen Staaten die Ordnung zusammenbricht. Sven Böttcher lässt seine Leser ahnen, was passiert, wenn alle nur noch glauben, was im Internet behauptet wird. Werner van Bebber

Sven Böttcher:

Prophezeiung. Klimathriller. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2011. 446 Seiten, 19,95 €.

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