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Kultur: Milchfeucht

Deutscher Unterleibshumor:

In der von Ko-Produzent Bernd Eichinger im Presseheft genannten Lieblingsszene wird ein Mann bei seinem ersten Peep-Show-Besuch von einer Wespe angegriffen. Beim Zappeln und Um-Sich-Schlagen spritzt ihm ein Becher Kefir aus der Einkaufstüte an die Kabinenwände. Auf der Flucht läuft er der Putzfrau in die Arme, die mit großen Augen das milchfeuchte Inferno bestaunt.

„Wie die Karnickel“ bewegt sich eine ganze Spielfilmzeit lang auf dem Niveau seines Titels. Er zelebriert den Rammlerhumor, und der ist beim Menschentier ziemlich weit unten angesiedelt. Ein verklemmter Cellospieler, eine mausige Kindergärtnerin, eine mannstolle osteuropäische Operndiva und ein promiskuierender Schwuler mit Partnerwunsch sind das Inventar dieser sehr deutschen Klamotte, die in ihren Klischees und Erzählideen direkt aus den finstersten Alt-Achtzigern herübergebeamt zu sein scheint. So dürfen als zeitgeistige Garnitur auch ein paar hässliche hysterische Frauenrechtlerinnen nicht fehlen, die der armen Kindergärtnerin Vera mit Gewalt die Opferrolle einreden, weil die mit einem Reizkorsett ihr müdes Eheleben anschärfen wollte.

Ähnlich schon fängt es an: Ein paar Pornokassetten aus Horsts Habe, die unvermutet aus dem Hausmüll auftauchen, müssen herhalten, um die Action in Gang zu bringen. Vera macht erst eine Szene, dann zieht sie zu Muttern. Horst ist erst einsam, dann lernt er vom schwulen Nachbarn die sexuelle Befreiung und pflastert die Bude mit Porno-Postern zu. Und er genießt die neu gewonnene Freiheit auch praktisch mit Kriemhild, einer Operndiva, die auf den kleinen Orchester-Musiker abfährt wegen seines sensationell großen Dings.

„Wie die Karnickel“ ist das Regie-Debüt von Sven Unterwaldt, doch eigentlich ein Film nach einem Ralf-König-Comic. König war mal ein gefeierter Cartoonist, der sich aus kenntnisreicher Innenperspektive über Szene-Rituale und Verklemmungen lustig machte. Hier aber müffelt das Ergebnis – zu mittlerem Mainstream mutiert – nur noch reaktionär. Silvia Hallensleben

In 17 Berliner Kinos

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