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Kultur: Morgendunst

Der Pianist Leif Ove Andsnes und das Orchester der Komischen OperVON ISABEL HERZFELDLeif Ove Andsnes ist bestimmt ein fabelhafter Pianist.Für seinen Auftritt in der Komischen Oper erntet er begeistertes und berechtigtes Bravogeschrei.

Der Pianist Leif Ove Andsnes und das Orchester der Komischen OperVON ISABEL HERZFELDLeif Ove Andsnes ist bestimmt ein fabelhafter Pianist.Für seinen Auftritt in der Komischen Oper erntet er begeistertes und berechtigtes Bravogeschrei.Die furchtbar schweren Oktaven, Wahnsinnssprünge und Akkordtriller in Prokofjews Klavierkonzert Nr.3 läßt er dem Publikum wie nichts um die Ohren fliegen, ohne ihnen an Kraft und Intensität etwas schuldig zu bleiben.Vor allem bei Schlußsteigerungen ist das von mitreißender Wirkung.Klarheit und rhythmische Prägnanz seines Spiels sind unüberbietbar, und er trifft auch den richtigen poetisch-ironischen, manchmal unvermutet leidenschaftlichen Tonfall.Doch Andsnes bleibt Einzelkämpfer.Dem feingewirkten Klang des von Shao-Chia Lü geleiteten Orchesters der Komischen Oper entspricht sein harter Zugriff einfach nicht.Im hymnisch-lyrischen Finalthema zerstören die ständig im Vordergrund zu hörenden Klavierumspielungen sogar die melodische Linie, und bei manchen motorischen Passagen prescht der Pianist dem rhythmisch nachgiebigeren Orchester ungerührt davon.So läßt sich das musikalische Teamwork ohne ihn besser genießen.Tschaikowskys 4.Sinfonie bleibt bei Lü transparent und unsentimental, in der Polyphonie zumal des Kopfsatzes beinahe kammermusikalisch klar durchgebildet.Das Seitenthema schwingt so eher graziös als schmachtend aus; die schweren Seufzer der Streicher berühren gerade deshalb, weil sie die unerbittliche strukturelle Logik nicht verlieren.Die Sensibilität des Dirigenten, gewinnt auch dem Andantino feinste Nuancen vom emphatischen Aufschwung bis zum leichten Stakkato-Zerbröseln ab, zaubert ein duftiges Scherzo und treibt die Musiker im Finale zu präziser Brisanz an.Die eigentliche Perle des Abends aber sind die "Fontane di Roma" von Ottorino Respighi.Daß das Orchester Schwächen in den manchmal matten Holzbläsern und etwas scharfem Blech hat, ist hier nicht mehr zu spüren; Flöten und Triangelschläge färben zu Beginn das Streicherflageolett irisierend ein, weich grundiert das Horn.Das ist der Morgendunst über dem Wasser, nach dem die leichtesten, elegantesten Bewegungen als immer neues Aufschäumen folgen, Celesta, Beckenschläge und Harfe zu sprühenden, glitzerndem Klang verschmelzen.Dem kann der leise Kitsch der letzten Abendglocken dann auch nichts mehr anhaben.

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