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Ein großzügiger Gastgeber. Franz Stadler im Oktober 2006 in seinem Kino.

© Doris Spiekermann-Klaas

Franz Stadler gestorben: Mr. Filmkunst 66 ist tot

Franz Stadler hat fast vierzig Jahre das Kino Filmkunst 66 in der Bleibtreustraße betrieben. Am Sonntag starb er im Alter von 76 Jahren.

Aus der Berliner Kinolandschaft war Franz Stadler einfach nicht wegzudenken, selbst als er 2010 nach fast 40 Jahren – inklusive einiger kreativer Pausen – die Geschäfte seines Lebenswerks, des Kinos Filmkunst 66 in Charlottenburg, endgültig abgab. Der Pionier der Berliner Programmkinos hat seine zweite große Liebe neben seiner langjährigen Frau Rosemarie, mit der er das Filmkunst 66 viele Jahre leitete, stets gegen die Konkurrenz des Heimkinos und lokaler Arthouse-Ketten verteidigt. Und es gibt wohl kaum einen Berliner Kinobetreiber, Filmemacher und Kritiker, der nicht in seinen formativen Jahren durch die Schule Stadlers gegangen ist. Am finsteren Ende der Bleibetreustraße, direkt neben einer berüchtigten Zuhälterkneipe, eröffnete der gelernte Filmkaufmann im Oktober 1971 sein erstes Kino, damals noch ein Flachbau für 400 Zuschauer. Die Mischung aus Klassikern und Kultfilmen lockte vor allem ein junges Publikum an, das die Filme mit Humphrey Bogart, Ingrid Bergman, Laurel und Hardy, Charlie Chaplin, John Wayne, und Gary Cooper neu entdeckte und erstmals New-Hollywood-Stars wie Jack Nicholson, Dennis Hopper und Woody Allen kennenlernte.

Wer je einen Film im Filmkunst 66 gesehen hat, hat Stadler höchstwahrscheinlich auch live erlebt: an der Kasse, beim Kartenabreißen, notfalls sogar am Filmprojektor. Ein Kino zu führen, war für ihn eine ganzheitliche Erfahrung, die er liebend gerne mit seinem Publikum teilte. Stadler kannte zu jedem Film mindestens eine Anekdote, seine Gastfreundschaft war legendär. Mit seiner Neugier und Leidenschaft bereicherte er die Berliner Kinoszene viele Jahrzehnte. 1999 erhielt Stadler für seine Verdienste rund um das Kino das Bundesverdienstkreuz, 2011 zeichnete die Berlinale das Ehepaar Rosemarie und Franz Stadler mit der Berlinale Kamera aus. In Berlin hat er sich immer heimisch gefühlt, ein kurzer Ausflug nach Sylt, wo das Ehepaar einen Sommer lang ein Kino betrieb, war schnell wieder beendet. Am Sonntag, dem 26. März verstarb Franz Stadler nun nach längerer Krankheit im Alter von 76 Jahren. Berlin muss zukünftig ohne sein „Programmkino-Urgestein“ auskommen. Ein Trost bleibt immerhin: Franz Stadler ist jetzt wieder mit den Großen des Kinos vereint. Tsp.

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