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Museum: An der Wegscheide

Über einen altgriechischen Abend im Pergamonmuseum.

Von Gebrüll erzittert fast der Pergamonaltar, der mit der Schlacht zwischen Göttern und Giganten die Geschichte des olympischen Zeus erzählt. „Wie zwischen Löwen und Männern kein verlässlicher Eidschwur sein kann / So kann es für mich und dich keine Freundschaft geben“, ruft der rachedürstende Achill dem Trojanerhelden Hektor zu, bevor er ihn im Kampf tötet, um dem Sterbenden gar noch zu drohen: „Könnte doch Ungestüm und Mut mich selber treiben / Roh heruntergeschnitten dein Fleisch zu essen, für das, was du mir getan hast!“ Das ist eine Wegscheide der Menschheitswerdung, die die „Ilias“ des Homer da vor Augen stellt: die Ablösung der kannibalischen Rache durch die nachfolgende Großmut des Siegers, der den geschändeten Leichnam Hektors dem flehenden Vater Priamos aushändigt.

Die „szenisch-musikalische Aufführung“ unter dem Titel „Die Rache des Achill“, die die Staatlichen Museen Berlin am Sonnabend auf den Stufen des Pergamonaltars archaisch dröhnend darboten, berührte nur am Rande die jüngst aufgeworfene, uralte Frage nach der Autorschaft Homers an den 15.693 Versen der „Ilias“. Ganz frühantikisch im Dunkeln blieb den Ehrengästen auch der Anlass des festlichen Abends. Die Preußenstiftung, noch einen letzten Monat geleitet von ihrem nie erlahmenden Präsidenten Klaus-Dieter Lehmann, beginnt eine Zusammenarbeit mit der vermögenden Alexander S. Onassis Stiftung des Großreeders Aristoteles, die Großes erwarten lässt, womöglich gar eine Vergegenwärtigung der antiken Welt zu einer Zeit, da ihr zivilisationsstiftendes Erbe beinahe aus dem Blick geraten ist. Da nun neueste Spekulationen Homer gar aus Griechenland hinwegrücken wollen an den Hof eines orientalischen Herrschers, kommt die Rückbesinnung auf dessen Ur-Epos des Abendlandes wahrlich recht. Besser jedoch mit leiseren, feineren Tönen.

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