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Kultur: Museum für Islamische Kunst: Im Rausch der Arabesken

An einem Freitag im Juli 622 verließ der Prophet Mohammed seine Heimatstadt Mekka. Seine Feinde setzten ihm so zu, dass er dort seines Lebens nicht mehr sicher sein konnte.

An einem Freitag im Juli 622 verließ der Prophet Mohammed seine Heimatstadt Mekka. Seine Feinde setzten ihm so zu, dass er dort seines Lebens nicht mehr sicher sein konnte. Mit Mohammeds Flucht beginnt die Geschichte der muslimischen Gemeinschaft. Heute, auch an einem Freitag im Juli, öffnet im Südflügel des Berliner Pergamonmuseums das Museum für Islamische Kunst seine Pforten. Wiedervereint und in neuer Gestalt. Letztes Jahr wurde der erste Teil mit Kunstschätzen der frühen islamischen Zeit eröffnet, ab heute ist auch der zweite Teil mit Kostbarkeiten aus dem 15. bis 19. Jahrhundert zu sehen. Gezeigt werden nur die wichtigsten Werke der beiden bisher getrennten Sammlungen (Pergamonmuseum respektive Berlin-Dahlem). Denn erst, wenn in zehn Jahren der Umbau des gesamten Pergamonmuseums abgeschlossen ist, wird die islamische Sammlung ihren endgültigen Ausstellungsort finden, im Nordflügel und auf doppelt so großer Fläche.

Im Mittelpunkt steht eine monumentale Kalksteinfassade. Auf ihr rankt, blüht und wuchert es, dass einem schwindelig wird. Die Ornamente zierten den frühislamischen Palast Mschatta im heutigen Jordanien. 1903 schenkte der osmanische Sultan Kaiser Wilhelm II. die beeindruckende Wand. Der ließ sie nach Berlin bringen und legte damit den Grundstein für die heutige islamische Sammlung. Dass islamische Künstler mit geometrischen Formen und Arabesken arbeiteten, ist bekannt. Landläufig geht man davon aus, dass ein im Koran begründetes Bilderverbot der Grund dafür ist. Die neu ausgestellten Skulpturfragmente aus dem Thronsaal des Palastes von Mschatta, beweisen allerdings, dass der Kalif seinen Palast in römischer Tradition mit lebensgroßen Standbildern schmücken ließ. Schon damals bestätigten Ausnahmen die Regel.

Museumsbegründer Wilhelm von Bode hatte einst vorgeschlagen, die islamischen Kunstschätze nach Gattungen und Dynastien zu ordnen. Dabei ist es bis heute geblieben. So lässt sich der komplizierte Verlauf der islamischen Geschichte gut nachvollziehen. Neu ist die Ausstattung der Räume: Glasvitrinen und Oberlichtdecken verbreiten eine ruhige und helle Atmosphäre.

Zu Beginn der neu eröffneten Ausstellungshälfte wird es aber zunächst einmal dunkel. Blaue Wände treten zurück hinter dezent ausgeleuchteten Glasvitrinen, die den Blick auf überbordend bunt verzierte Pergamentseiten und Bucheinbände lenken. Die Buch- und Schriftkunst wurde in der islamischen Welt unter den Künsten am höchsten geschätzt. Schließlich diente sie der Verbreitung von Gottes Wort. Blaue Sterne und rot-goldene Blumenstauden säumen irakische und syrische Koranfragmente aus dem 9. und 10. Jahrhundert, Jagdszenen und Arabesken ägyptische Buchdeckel, farbenprächtig ausgemalte Koranszenen indische und persische Albumblätter aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

Von den Büchern ist es nur ein Schritt ins Helle, zu den Teppichen und in die islamische Neuzeit. Die Technik des Teppichknüpfens war essentieller Bestandteil der Nomadenvölker, die Asien und Europa bevölkerten, nach und nach unter islamische Herrschaft gerieten. Teppiche wurden dadurch zum Träger der islamischen Kunst, zum begehrten Exportartikel ins christliche Europa. "Holbein-Teppich" heißt einer der ausgestellten Kostbarkeiten, benannt nach Hans Holbein, der wie viele seiner Zeitgenossen im 15. und 16. Jahrhundert derart von den großformatigen Teppichen fasziniert war, dass er sie auf seinen Bildern verewigte. Auf einem persischen Seidenteppich jagen rot-grüne Drachen Tiger, gelb-blaue Papageien verweben sich mit Panthern. Blütenranken flechten sich in geometrische Ornamente auf Teppichen des späten osmanischen Reiches. Insgesamt sind 27, außerordentlich gut erhaltene und in ihren Farben strahlende Stücke ausgestellt. Angefangen bei frühen osmanischen Gebetskelims aus dem 15. Jahrhundert, persische Arbeiten aus der Safawidenzeit des 17. Jahrhunderts, aus der indischen Moghuldynastie des 18. Jahrhunderts und der Türkei des 19. Jahrhunderts.

Blau und grün bemalte Keramikschalen, gold verzierte Glasfläschchen und Metallarbeiten runden das Bild der Epochen ab. Als Höhepunkt wartet am Schluss das "Aleppo-Zimmer". Jetzt ist es sogar möglich, in das Zimmer hineinzutreten und einen genaueren Blick auf die leuchtenden Farben der bemalten Wandtäfelung zu werfen. Die Räume stammen aus einem Privathaus des 17. Jahrhunderts im syrischen Aleppo. Das Besondere: Der Hausbesitzer war ein arabischer Christ und ließ im osmanischen Stil biblische Szenen verewigen.

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