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Kultur: Musik in Berlin: Regenlieder

Wer wagt das schon noch, alle drei Violinsonaten von Johannes Brahms in einem Konzert zu präsentieren? Dass sie mit den Meistergeigern verschiedenster Couleur ohne weiteres mithalten kann, bewies die junge Holländerin Janine Jansen im Kammermusiksaal der Philharmonie.

Wer wagt das schon noch, alle drei Violinsonaten von Johannes Brahms in einem Konzert zu präsentieren? Dass sie mit den Meistergeigern verschiedenster Couleur ohne weiteres mithalten kann, bewies die junge Holländerin Janine Jansen im Kammermusiksaal der Philharmonie. Und sie bewies zugleich, dass derart sensibles, persönliches Spiel eigentlich konkurrenzlos ist. Ein schönes Beispiel auch dafür, wie der Off-Veranstalter Frank Dodge mit seinen "Spectrum Concerts" durch alle finanziellen und künstlerischen Wechselfälle hindurch immer wieder für lebendige Musik-"Events" sorgt. Das Abgespielteste, Etablierteste wird hier aufregend neu.

Das ganze Brahms-Spektrum legt Jansen frei, spürt hinter der kunstvoll geknüpften Struktur die Seele auf, die raue Schale und den weichen Kern. Sanfter als in den Sonaten G-Dur und A-Dur geht es kaum. In frei fließender Gesanglichkeit macht die Geigerin aus den Werken poetische Erzählungen voll intimer Bekenntnisse, auf die manche eingewobenen Liedzitate verweisen. Das "Regenlied" nach Klaus Groth etwa, Geburtstagsgeschenk für Clara Schumann, gibt dem G-Dur-Werk neben dem Beinamen "Regensonate" die herzklopfende Rhythmusstruktur und melancholische thematische Prägung. Jansen erfüllt sie mit eindringlicher Sprachkraft, zart, wie atemlos an den Übergängen, dann wieder voll leidenschaftlicher Aufschwünge.

Für ihre schlanke, perfekt ausgehörte Tongebung wirkt Daniel Blumenthal am Klavier manchmal etwas zu kompakt, kann aber ebenso mit trockenen Bässen den "knorrigen Brahms" darstellen. Stellenweise profitiert auch die A-Dur-Sonate, durch das Hauptmotiv zum Beinamen "Meistersinger" gelangt, im Seitenthema aber einer anderen Herzensflamme zugeeignet, von dieser Gegensätzlichkeit. Die blaue Blume der Romantik scheint hier ebenso auf wie die blassblaue Blümchentapete des Biedermeiers, herzzerreißende Süße neben etwas plüschiger Betulichkeit. Doch den neckischen Walzerpassagen im Mittelsatz fehlt die Präzision. Das virtuose Feuer der düsteren d-moll-Sonate wiederum verwischt den Temperamentsunterschied. Und doch, während Jansen immer wieder Fäden wie aus geschmolzenem Silber spinnt, bleibt der Pianist zuverlässig-kühl.

Besser passen die beiden in der Zugabe zusammen, im störrisch-schwärmerischen Scherzo aus der gemeinsam mit Robert Schumann und Albert Dietrich verfassten "F - A - E"-Sonate: "Frei, aber einsam".

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