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Nachruf: Musik denken

Zum Tod des Publizisten Heinz-Klaus Metzger: Meinungsstark, wortgewaltig war Heinz-Klaus Metzger, stets am Vorwärts der Musik interessiert, und blieb zeitlebens ein Adorno-Propagandist.

Meinungsstark, wortgewaltig war Heinz-Klaus Metzger, stets am Vorwärts der Musik interessiert, so wie Theodor W. Adorno, dem er noch in den ersten Sommern der Kranichsteiner, dann Darmstädter Ferienkurse begegnet war und dessen Unterstützer, Verkünder, ja Propagandist er zeitlebens blieb. „Was heißt Fortschritt?“ hieß denn auch der 100. Band der Serie „Musik-Konzepte“, die Metzger mit seinem Freund und CoHerausgeber Rainer Riehn gegründet und fast drei Jahrzehnte lang betreut hat, eine vier-, zu Zeiten sogar sechsmal jährlich erscheinende, cremefarben eingeschlagene Schnittmenge aus Essaywesen und analytischem Aufsatz, ein musiktheoretisch stabiles, ästhetisch dezidiert an Adorno ausgerichtetes Bollwerk gegen die neutral sich gebenden Untiefen der akademischen Forschung.

Er habe, so gab Metzger es vor zwei Jahren zu Protokoll, mit seinem Wirken als Publizist und Musikphilosoph „Regressionen im Komponieren“ zwar zu verhüten gesucht, aber die „sogenannte Postmoderne nicht verhindern können“. Immerhin hat Metzger mit diesem 100. Band von 1998 zugleich die Diskussion über „die normative Dignität des Fortschrittsbegriffs“ in Gang gesetzt. Denn auch durch Selbstbefragung und Reflexion im besten Sinne zeichnete sich die Reihe aus. Am Fortschrittsbegriff festzuhalten, schrieb Metzger, „muss provokativ wirken und bedarf der Diskussion“.

1932 in Konstanz geboren, studierte Heinz-Klaus Metzger Klavier bei Carl Seemann in Freiburg, wo er auch Dieter Schnebel kennenlernte, ging dann zu dem Schönberg-Schüler Max Deutsch nach Paris und zu Rudolf Kolisch nach Darmstadt. Metzger focht für die serielle Musik und trat für das Werk von John Cage ein, dessen einziges Bühnenwerk „Europeras“ er gemeinsam mit Riehn initiierte und dramaturgisch betreute. 1969 riefen die beiden das auf radikale neue Musik spezialisierte Ensemble Musica Negativa ins Leben, 1973 die „Musik- Konzepte“, später betreuten sie gemeinsam die Reihe „querstand. musikalische konzepte“.

Adorno blieb der theoretische Fixstern für die Arbeit Heinz-Klaus Metzgers, der am Montag in Berlin 77-jährig gestorben ist. Der Briefwechsel Metzger-Adorno – neben Texten, weiterer Korrespondenz und Arbeitsmaterialien ist er Teil des Metzger-Riehn-Archivs, das die Akademie der Künste seit 1999 aufbewahrt – wird demnächst bei Suhrkamp erscheinen. Christiane Tewinkel

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