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Kultur: Natürlich blond

Ein TARANTINO-SET-BESUCH von Christina Tilmann

Für Quentin Tarantinos Film „Inglorious Bastards“, der ab Oktober auch in den Babelsberger Filmstudios gedreht wird, werden Komparsen gesucht. Vor allem Männer zwischen 20 und 45, die, so die Casting-Firma, „optisch in die damalige Zeit passen“ – der Film spielt während des Zweiten Weltkriegs. Also: keine gefärbten Haare, künstlichen Fingernägel, Piercings oder Solariumbräune, Handicaps wie amputierte Arme oder Beine dürfen dagegen sein (es geht um kriegsversehrte Soldaten). Und vor allem: „gerne blond“.

Der blonde Nazi, das war in US-Filmen schon immer eine beliebte Rolle. Während des Zweiten Weltkriegs mussten Exil-Deutsche für diesen Personentyp herhalten: Wer aus Deutschland vor den Nazis geflohen war, spielte in Hollywood den gemeinsamen Feind. Dass viele führende Nationalsozialisten, ihr Chef nicht ausgenommen, keineswegs den eigenen Schönheitsidealen entsprachen – geschenkt. Der hünenhafte Kampfgermane mit geschorenem Blondhaar – „langes Deckhaar, die Seiten und der Nacken kurz rasiert“ wird auch in der Tarantino-Ausschreibung wieder verlangt – ist filmisch offenbar noch immer gefragt.

Vor einigen Jahren hat der polnische Künstler Pjotr Uklanski eine eindrucksvolle Fotoinstallation auch in Berlin gezeigt: „Die Nazis“ versammelte Prototypen aus allen möglichen Filmen: Jean-Paul Belmondo, Erich von Strohheim, Marlon Brando, Yul Brynner, Horst Buchholz, Richard Burton, Ralph Fiennes, Curd Jürgens, Klaus Kinski, Hardy Krüger, Christopher Lee, Roger Moore, Peter O’Toole, Ronald Reagan und Peter Sellars. Alle in Nazi-Uniform. Nicht alle blond. US-Independent-Regisseur Tom Di Cillo dagegen hat 1997 den ultimativen Gegenfilm gedreht: In „The Real Blonde“ (Echt Blond) versuchen zwei Freunde verzweifelt, eine echte Blondine zu finden. Doch selbst die schönste ist am Schluss gefärbt. Tarantino hätte sie nicht engagiert.

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