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Alles beginnt mit einem tödlichen Autounfall auf der Landstraße. Der neue Fleurville-Krimi von Matthias Wittekindt.

© dpa / picture alliance

Neuer Krimi von Matthias Wittekindt: Löcher in der Ordnung

Charmante französische Kleinstadt, entspannte Ermittler. In Matthias Wittekindts jüngstem Fleurville-Krimi verändern winzige Bewegungen ganze Lebenswege.

Fleurville ist charmant – und ein kleinstädtischer Abgrund menschlicher Schlechtigkeit. Alles ist versammelt: Kriminelle mit Drogenproblemen und Killerpotenzial, reiche alte Männer mit sehr jungen Begleiterinnen, die ihnen das Altern und womöglich auch das Konto erleichtern, Mittdreißiger, die mit ihren Agenturen oder Arztpraxen so viel verdienen, dass sie sich den teuersten Sportklub der Stadt so gut leisten können wie alte BMWs. Bis Michel, der Alphamann und Obermacho der Sportklub-Clique seinen BMW von einer regenüberfluteten Landstraße aus gegen einen Baum fährt.

Wie immer in den Fleurville-Krimis von Matthias Wittekindt braucht Lieutenant Ohayon eine Weile, bis ihm aufgeht, dass ein Verbrechen vorliegt. Und wie stets gelingt es ihm, eine ganz besonderen Atmosphäre zu entfalten. Der Autor, 1958 in Bonn geboren und studierter Architekt, hat schon für Theater, Funk und Fernsehen gearbeitet; er behandelt die nordfranzösische Kleinstadt, die nun zum vierten Mal Schauplatz einer Gewalttat geworden ist, mit ausgeprägtem Sinn für ihr scheinbar träges Lebenstempo – und für die Löcher in dieser Ordnung. Mit Ohayon hat er einen Helden erfunden, dem das Abendessen mit seiner Frau und den Zwillingen wichtiger ist als schnelle Ermittlungserfolge.

Es hätte alles anders kommen können

Ohne Hektik, eher von Neugier als von Misstrauen getrieben, mischt Ohayon die Clique um den toten BMW-Fahrer auf. Etwas an dem Unfall war aus seiner Sicht unlogisch. Was er herausfindet, könnte sich auch woanders zugetragen haben: Junge Leute, die sich mal unverbindlich, mal ernsthaft aufeinander einlassen, swinging singles, die sich leichtherzig begegnen und dabei manchmal schwer verletzen. Wittekindt entwickelt daraus eine Situation, in der eine winzige Bewegung Lebenswege verändert. Es hätte alles anders kommen können. Aber es kam, wie es kommen musste.

Matthias Wittekindt: Der Unfall in der Rue Bisson. Kriminalroman. Edition Nautilus, Hamburg 2016. 224 Seiten, 16 €.

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