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Kultur: Noch mal anfangen

Die Galerie Hilgemann verlässt die Zimmerstraße.

„Neustart“ ist auf dem überdimensionalen Gemälde von Jan Smejkal zu lesen. Und gleich daneben: „Ein Systemfehler ist aufgetreten“. Kai Hilgemann lächelt amüsiert über seine aberwitzige Auswahl, denn er hat die Textausschnitte zufällig entdeckt und vorgelesen. Zwei Beispiele aus einem unzählbaren Konglomerat von Wörtern und Sätzen, die eine Art mind map von Berlin darstellen sollen. Mit Werken von Smejkal, seinem Vater Ewerdt Hilgemann, Liv Mette Larsen und Stephen Wilks hat Hilgemann seine neuen Galerieräume in der Markgrafenstraße eröffnet.

Der 50-Jährige war der letzte Galerist in der Zimmerstraße, die alle anderen nach und nach verlassen hatten. Allein die DAAD-Galerie ist noch dort. Hilgemann zählt längst zu den etablierten Galeristen der Stadt. 1995 eröffnete er seine Galerie in der Linienstraße, zog zwischenzeitlich ins Postfuhramt und in verschiedene temporäre Räume, bevor es ihn für achteinhalb Jahre in der Zimmerstraße zog. „Die Räume waren wunderschön, eine Top-Adresse. Ich konnte gut davon leben.“ Im Gegensatz zu anderen Galeristen findet er die Gegend nicht touristisch. Der Anfang vom Ende kam für ihn dennoch im vergangenen Herbst: Da begannen die Bauarbeiten für ein Hotel im Hoftrakt vor seiner Galerie. „Mir wurde das Wasser abgestellt, das war's dann“, erzählt Hilgemann.

Seine Wahl fiel nicht zufällig auf die Markgrafenstraße. Die Räume standen leer, seit die Galerien Charim und Ungar mit Sitz in Wien bzw. München Ende 2011 ihre gemeinsame Berliner Dependance geschlossen hatte. Hilgemann mochte den Standort von Anfang an. „Das Understatement hier gefällt mir“, sagt er. Das Gebäude ist unspektakulär und unpoliert, die Räume sind licht und schlicht. Gegenüber hat sich ein Versicherungskonzern niedergelassen, daneben ein Discounter und um die Ecke ein Sterne-Restaurant. „Berlinisch im besten Sinn“, meint Hilgemann.

Rund 45 Galerien befinden sich im Umkreis von 500 Metern. Er sei hier in ein internationales Netzwerk eingebunden und profitiere auch von der Laufkundschaft der anderen Galerien. 111 Quadratmeter Ausstellungsfläche hat er in der Markgrafenstraße. In der Zimmerstraße waren es mehr als doppelt so viele. Sein künstlerisches Konzept beeinflusse das aber kaum, sagt er. Zwar könne er monumentale Skulpturen wie etwa das fünf Meter breite „Objekt N° 5“ von Marc Schmitz nun nicht mehr ausstellen, dafür würden die Präsentationen kompakter.

Zugleich will er mit der Premiere am neuen Ort Kontinuität beweisen. „Das ist schließlich ein Statement“, so Hilgemann, „wenn ich zur Wiedereröffnung auch eine Arbeit zeige, die vor zwölf Jahren auf dem Art Forum zu sehen war.“ Es handelt sich um das titellose Werk von Jan Smejkal (25 000 Euro). Vieles müsse sich aber erst noch in den neuen Räumen bewähren. „Mit der Zimmerstraße war’s halt irgendwann vorbei. Der Zirkus zieht weiter.“

Galerie Kai Hilgemann, Markgrafenstraße 67; bis 3.3., Di–Sa 12–18 Uhr

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