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Kultur: O Freunde, nicht diese Töne! Kurt Masur eröffnet das „Musikfest Berlin 2005“

Lokalpatriotismus ist ein schönes Gefühl: Mit wem auch immer man sich vergleicht, immer schwingt die Hoffnung mit, dass es zu Hause doch am besten ist. In diesem Sinne war das Eröffnungskonzert des neuen „Musikfest Berlin“ ein voller Erfolg.

Lokalpatriotismus ist ein schönes Gefühl: Mit wem auch immer man sich vergleicht, immer schwingt die Hoffnung mit, dass es zu Hause doch am besten ist. In diesem Sinne war das Eröffnungskonzert des neuen „Musikfest Berlin“ ein voller Erfolg. Denn das London Philharmonic Orchestra, das unter seinem Chefdirigent Kurt Masur in die ausverkaufte Philharmonie gekommen war, kann mit dem Niveau der Hausherren wahrlich nicht mithalten. Die Streicher spielen zwar flink und präzise, doch wirklich beseelt klingen sie nicht. Gar kein Vergleich zu diesem Wundersound, mit dem die verjüngten Berliner Philharmoniker derzeit aufwarten können.

Genau das macht den Reiz des neuen Festivals aus: der Konkurrenzkampf zwischen den Top-Orchestern dieser Welt. Mit reichlich Bundesgeld ermutigen die Berliner Festspiele ab jetzt in jedem Herbst zwei Wochen lang Spitzenensembles, sich dem Hörvergleich mit den heimischen Orchestern zu stellen. Wer gegen die Philharmoniker, aber auch gegen Staatskapelle, DSO, RSB und BSO bestehen will, muss aber besser aufeinander eingespielte Holzbläser anbieten als die Londoner. Überhaupt fehlt den Briten die Passion; von diesem Orchester gehen keine Energieströme aus. Das mag auch am ultrakonventionellen Dirigat ihres Chefs liegen: Kurt Masur entdeckt in Beethovens „Neunter“ nichts Aufregendes, bleibt pauschal in der Dynamik, wählt Tempi ohne Extreme, zeigt wenig Interesse an den Details der Mittelstimmen. Selbst der Beginn des berühmten Finales („O Freunde, nicht diese Töne!“) wirkt verhuscht. Allein der hellwache Rundfunkchor Berlin fällt hier positiv auf – und holt einen weiteren Pluspunkt für die deutsche (Musik-)Hauptstadt.

Als dünnes Verbindungsfädchen zum Thema des „Musikfests 2005“ – tschechische Musik – gibt es außerdem Sofia Gubaidulinas 2003 entstandenes „The end of light“: 30 Minuten „Ist-ja-gar- nicht-so-schlimm-Moderne“, ein kunsthandwerklich aufwändig geknüpfter Klangteppich, inhaltlich aber nur akustische Auslegware, die zu Beginn und am Ende klingt wie Debussys „Nuages“ (nur windiger) und dazwischen wie Rimskij- Korsakow mit Dissonanzen.

Die Geldgeberin der Berliner Festspiele, Staatsministerin Christina Weiss, weilte am Eröffnungsabend des auf ihren Wunsch hin neu ausgerichteten Festivals übrigens in Sommershausen am Main, um dort den Kinoprogrammpreis für gewerbliche Filmtheater zu überreichen. Auch ein Statement.

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