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Oberammergau: Stückls Leid mit den Passionsspielen

Im Streit um die Aufführungszeiten der Oberammergauer Passionsspiele erwägt Regisseur Christian Stückl seinen Rücktritt.

Oberammergau - Stückl werde "ziemlich definitiv" sein Amt als Spielleiter niederlegen, sagte sein Sprecher am Münchner Volkstheater, Frederik Mayet. Stückl ist am Münchner Volkstheater Intendant. Am Abend sollte der Gemeinderat von Oberammergau über die Zulässigkeit eines Bürgerentscheides abstimmen, mit dem Dorfbewohner die von Stückl initiierte und von dem Gremium bereits beschlossene Verlegung der Aufführungen im Jahr 2010 in die Nacht kippen wollen.

Stückl hatte schon vor einigen Tagen angedeutet, dass ihn die Auseinandersetzungen über die neuen Aufführungszeiten zum Verzicht bewegen könnten. 2006 hatten sich der Gemeinderat und auf einer Bürgerversammlung eine große Mehrheit für seinen Plan ausgesprochen. Mit der Ausdehnung in die Nacht hinein will Stückl die Kreuzigungsszene dramatischer gestalten und dafür spezielle Lichteffekte nutzen. Nach 1990 und 2000 würde er bei den Passionsspielen in Oberammergau zum dritten Mal Regie führen. 1990 war er mit 27 Jahren der jüngste Spielleiter aller Zeiten.

Gastronomen machen Druck

Doch nun möchten Gastronomen und auch Mitwirkende des Spiels vom Leiden und Sterben Jesu Christi mit dem Bürgerentscheid die Rückkehr zur alten Regelung durchsetzen, wonach die gut 100 Aufführungen am späten Nachmittag zu Ende gehen. Den Bürgern sei erst jetzt bewusst geworden, was die Verlegung für sie persönlich bedeutet, begründete Florian Streibl, Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl und Gemeinderat der Wählerliste "Für unser Dorf" als Wortführer der Nachtspiel-Gegner, das Veto. Etliche Vermieter befürchteten erheblich mehr Arbeit, wenn die Gäste erst spät abends zurückkommen. Auch die Geschäftsleute erwarteten Umsatzeinbußen.

Das Passionsspiel geht auf ein Pestgelübde aus dem Jahr 1633 zurück und wird seit 1634 regelmäßig aufgeführt. Das ganze Dorf der Herrgottschnitzer ist daran beteiligt. Das Spektakel, das zusammen rund eine halbe Million Besucher aus aller Welt sehen, beschert der Gemeinde alle zehn Jahre einen zweistelligen Millionengewinn. Seit Einführung des Bürgerentscheides 1995 hat es in der Gemeinde bereits mehrere Abstimmungen über Veränderungen des Passionsspiels gegeben, etwa nach welchem Text und nach welcher Musik gespielt werden soll. Traditionell stehen sich Bewahrer und Modernisierer mitunter feindselig gegenüber. (tso/dpa)

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