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Kultur: Östliche Nöte

Berliner Gorki Studio zeigt „Die Überflüssigen“

Stillstand dulden –geht das? Im Berliner Maxim Gorki Theater unternimmt Philipp Löhle dazu einen heiklen Versuch. Wo nichts mehr ist, so erzählt sein Stück „Die Überflüssigen“, muss auch nichts mehr hin. Eine Kleinstadt ist gestorben, nur einige Menschen sind in „Lükke“, irgendwo im flachen Osten, geblieben. Und diese Wenigen wollen nicht weg, sind sich selbst genug. Da hat es Eddie, der in Lükke aufwuchs und anderswo Manager mit seifiger Ware wurde, schwer, als er zurückkommt, um erst die Eltern, dann den Bruder zu beerdigen. Er hat Ideen, er will den Heimatort umkrempeln, er scheitert und muss schließlich selbst unter die Erde.

Löhle geht Schelmen-Spaß und einer Lust am Absurden nicht aus dem Weg und breitet doch einen Hauch Trauer über das zurückgestutzte Dasein in dem verfallenen Ort. Leben und Geschäfte, auch Liebe, sind in Lükke von vornherein dem Nichts untergeordnet. Und da nistet das Beklemmende in Löhles Stück. Denn es ist ein wärmendes Nichts, in dem die Letzten der Kleinstädter leben. Gepflegtes Nichtstun als Daseinsmöglichkeit. Der Mann von draußen, der Rührige, Tüchtige, freilich Überspannte, macht sich zum Clown. Philipp Löhle analysiert einen Umbruch, der hoffnungsvoll versandet. Hat seinen Spaß daran und verweigert Lösungen.

Im Gorki Studio inszeniert Dominic Friedel die Uraufführung des schmucklosen, hurtig fließenden Textes. Und es gelingt ihm im Bühnenbild von Natascha von Steiger, das unwirkliche Warten im allgegenwärtigen Verfall in deutliche Bilder umzusetzen. Alle Wände atmen Vergangenheit, Abbruch, Moder und Staub. Das Vorläufige bestimmt das Zueinanderkommen der ehemaligen Schulkameraden, die Eddie vergeblich aufzumischen versucht. Robert Kuchenbuch spielt den Eddie, zeigt die mühsam beherrschte Energie des jungen Mannes im schwarzen Anzug – und wie sich diese Energie aufscheuert und verbraucht. Da will einer mit dem Kopf durch die Wand. Kuchenbuch setzt die Handlungssucht, den Fanatismus des Managers eindrucksvoll gegen die Lethargie und Langsamkeit der anderen. Gunnar Teuber, Ninja Stangenberg, Horst Kotterba und Sabine Waibel machen aus den nur angerissenen Charakteren ihrer Figuren Menschen, die sich einprägen. Christoph Funke

Weitere Vorstellungen: 5. Juni, 15.30 Uhr, und 8. Juni 20.15 Uhr.

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