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Kultur: "Paare und Passanten": Wenn Waschmaschinen Trauer tragen - Eine Ausstellung im Haus des Lehrers

Stumm stehen sie da: die filigranen Ventilatoren, bläulich strahlenden Höhensonnen und bauchigen Waschautomaten der Firma Anker. Kein Gerät muss allein sein, das Partnergerät steht auf dem Sockel gleich nebenan.

Stumm stehen sie da: die filigranen Ventilatoren, bläulich strahlenden Höhensonnen und bauchigen Waschautomaten der Firma Anker. Kein Gerät muss allein sein, das Partnergerät steht auf dem Sockel gleich nebenan. Die Metallgehäuse berühren sich nicht, doch ihre Stromkabel verbinden sie. Wenn die Geräte Augen hätten, könnten sie vom Haus des Lehrers aus den Blick über den Alexanderplatz schweifen lassen. "Paare und Passanten" heißt die Ausstellung, die Joerg Waehner mit zwei Dutzend Geräten aus seiner Sammlung bestückt hat: "Die Maschinen bilden Paare und zwar in Liebe verbandelte. Ihre Zuneigung befindet sich in ganz verschiedenen Stadien des Alters und der Intensität. Wenn man hier aus dem Fenster schaut, kann man auch Paare beobachten, die vorbeilaufen, sich streiten, Hand in Hand gehen oder sich einfach ignorieren."

Aber wenn die Geräte stillstehen, kann der Zuschauer nur ahnen, wie es um ihre Leidenschaft bestellt ist. Bloß wenn der Joerg Waehner den Schalter kippt, und der Strom fließt, erwachen die Gegenstände. "Wenn man uns den Strom wegnähme, wären wir alle sofort nichts mehr und stürben, erst die Bewegung macht meine Konstruktion lebendig", hat schon Jean Tinguely (1925-1991) gesagt, vielleicht eine verwandte Seele Waehners. Waehner liebt - wie Tinguely - seine Geräte, aber er verändert sie nicht, lässt ihnen ihre Bestimmung, stülpt ihnen keinen neuen Sinn über. Er findet sie bei Metallhändlern oder auf Flohmärkten. Einen kleinen Ventilator der Marke Marelli - ein Prachtstück mit zartem, geschwungenem Schutzgitter - hat er auf Sizilien gekauft. Für Waehner ist dieser Ventilator eine Diva, zärtlich nennt er sie "Eva Marelli" und fügt hinzu: "Ich habe sie gerettet".

Auf den Heizkörpern vor zwei Fenstern, getrennt durch eine Zwischenwand, stehen zwei himmelblaue Waschmaschinen: Sie können einander nicht sehen und kennen sich doch sehr gut. "Das sind zwei ältere Herren", sagt Waehner, "bei denen ist es ruhig geworden." Wie viel Leben aber immer noch in ihnen steckt, zeigen die seitlich angebrachten Gummischläuche. Ein Schlauch hat eine hängende Position eingenommen hat, doch Waehner bringt ihn sofort wieder in erigierte Stellung: "So ist es besser."

Bei zwei Höhensonnen mit Namen Alpinette sprühen die Funken einer gerade entzündeten Liebe. Sie stehen so dicht beieinander, dass es von Glühstab zu Glühstab zischt. Ein Stückchen weiter leuchtet eine Infrarotleuchte neben einem ebenfalls rot glühenden Toaster - ein junges Paar, das beim Anblick des Partners wechselseitig errötet. Eines haben die Dinge den Menschen voraus: Sie können sich nicht selbständig voneinander trennen. "Alles um mich herum verändert sich", erzählt Waehner, "ständig werde ich von Frauen verlassen. Aber die Geräte bleiben bei mir." Deshalb bleibt Waehner nun auch bei seinen Geräten: Im Haus des Lehrers weicht er ihnen den museal aufgesockelten Metallobjekten nicht von der Seite, gerne führt er die Besucher durch seine Sammlung. Der Mensch und seine Maschinen: ein Gesamtkunstwerk.

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