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PAUKEN & Trompeten: Rocky III – das Abenteuer

Kaum zu glauben, dass es Sergej Rachmaninow gelungen sein soll, für die Wiedergabe seiner vollgriffigen, mitunter sogar sperrigen Kompositionen auf einer stummen Klaviatur zu üben. Doch war genau dies der Fall, glaubt man den Berichten über seine Überfahrt nach Amerika im Herbst 1909.

Kaum zu glauben, dass es Sergej Rachmaninow gelungen sein soll, für die Wiedergabe seiner vollgriffigen, mitunter sogar sperrigen Kompositionen auf einer stummen Klaviatur zu üben. Doch war genau dies der Fall, glaubt man den Berichten über seine Überfahrt nach Amerika im Herbst 1909. In der Schiffskabine lag das Dritte Klavierkonzert. Rachmaninow hatte es in den Sommermonaten geschrieben, nun würde er es in New York zur Uraufführung bringen – und zwiespältige Reaktionen erhalten. „Amerika war eine Anstrengung“, sollte er, wieder in Russland, viele Monate später urteilen. „Stellen Sie sich vor, für drei ganze Monate fast jeden Tag ein Konzert zu geben.“ Der Erfolg war „groß“, und trotzdem waren die Zuhörer „erstaunlich kühl“ geblieben, „verdorben durch die Tourneen erstklassiger Künstler, und immer nach Novitäten Ausschau haltend, nach etwas, was sie nie zuvor gehört hatten“.

Die Nähe zu Amerika hat das Dritte Klavierkonzert Jahrzehnte später wieder eingeholt, durch den Beinamen „Rocky III“, wahrscheinlich wegen der ganz und gar nicht vorhandenen Eignung für stumme Klaviaturen. Der erste Satz beginnt schlicht, mit einer Melodie, die ein sechsjähriges Kind spielen kann. Das Orchester begleitet mit weit atmenden Streicherklängen, am Horizont ist nichts Beängstigendes zu sehen. Doch dann wird dieses einfache Thema nach und nach so haarsträubend virtuos aufgefüllt, verlangt so viel Kraft und Brillanz vom Pianisten, der bei gleichbleibendem Tempo immer mehr Töne zufügen muss, dass man zuletzt kaum mehr entscheiden kann, was einschüchternder ist: Rachmaninows Erfindungsreichtum oder die pianistische Meisterschaft dessen, der sich da gerade Finger und Gelenke zerschlägt. Und zu diesem Zeitpunkt ist das fast ironisch anmutende Ende des ersten Satzes, sein leise sich verziehender Schluss, noch nicht einmal in Sicht.

Am Montag macht sich der junge Norweger Kristian Ofstad Lindberg im Konzerthaus an dieses fast dschungelartig dichte Stück, eines der populärsten Werke Rachmaninows. Das Orkester Norden unter Rolf Gupta spielt dem Pianisten zu, ein Ensemble aus Musikstudenten der nordischen Länder Skandinaviens mit Island und Finnland, Estland, Lettland und Litauen, das wie eigens ersonnen scheint für das Festival Young Euro Classic. Wobei auch der 1980 geborene Lindberg beste Voraussetzungen für das Klavierkonzert mitbringt: Durch seinen Lehrer László Simon ist er über mehrere Schülergenerationen mit dem großen Franz Liszt verbunden – der auch Alexander Siloti unterrichtete, den Klavierlehrer Sergej Rachmaninows.

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