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PAUKEN & Trompeten: Starke Nerven

Jörg Königsdorf über ein Trainingslager für Dirigenten

Das Engagement für Jugendarbeit hat Sebastian Weigle mit seinem Förderer Daniel Barenboim gemeinsam. Während der Global Player Barenboim mit seinem West-Eastern Divan Orchestra aus Israelis und Palästinensern ein weltweit bestauntes Symbol für die Integrationskraft klassischer Musik geschaffen hat, beackert Weigle allerdings lieber den heimischen Boden: Seit 1993 firmiert er als künstlerischer Leiter des Landesjugendsinfonieorchesters Brandenburg und hat dieses Amt trotz einer Karriere, die ihn an die Spitze der Opernhäuser von Frankfurt und Barcelona und auch zur prestigeträchtigen „Meistersinger“-Premiere nach Bayreuth führte, nicht aufgegeben.

Ein sympathischer Zug, der zeigt, dass sich Weigle immer noch seiner musikalischen Wurzeln bewusst ist. Als er die Verantwortung für den Brandenburger Klassiknachwuchs übernahm, war er noch Hornist in der Staatskapelle und als Dirigent ein unbeschriebenes Blatt. Die Arbeit mit dem Jugendorchester dürfte nicht nur für die Musiker, sondern auch für ihn ein wichtiges Trainingslager gewesen sein. Klar, dass er auch das Berliner Konzert aus Anlass des 15. Orchestergeburtstags am Dienstag im Konzerthaus leitet, und das Programm mit Schumanns Cellokonzert (mit Claudio Bohórquez) und Schostakowitschs „Leningrader“ Sinfonie zeigt, dass die Jungmusiker an sich selbst professionelle Erwartungen stellen. Schostakowitschs an sich schon abendfüllende Siebte verlangt eiserne rhythmische Disziplin und starke Nerven für die vielen freiliegenden Solopassagen.

Zu der Professionalität, die hier als Vorbereitung auf das Berufsleben trainiert wird, gehört auch, dass die durchschnittlich 16 Jahre alten Musiker in ihrem Brandenburger Jubiläumskonzert zwei Tage später ein ganz anderes Programm präsentieren. Unter Leitung des ehemaligen Staatskapellen-Trompeters Leo Siberski werden am Donnerstag bei Orffs „Carmina Burana“ vermutlich die Wände des Potsdamer Nikolaisaals wackeln.

Angesichts der Betreuung durch zwei ehemalige Staatskapellen-Mitglieder ist es auf den ersten Blick erstaunlich, dass jetzt nicht die Staatskapelle, sondern ein anderes Berliner Orchester die Patenschaft für das Brandenburger Jugendorchester übernommen hat. Mit diesem Titel wird allerdings nur die Zusammenarbeit, die die Weigle-Schützlinge schon seit Jahren mit dem Orchester der Komischen Oper verbindet, in eine offizielle Form gebracht. Und ein neuer Name ist bei dieser Gelegenheit auch noch herausgesprungen: Ab jetzt nennt sich das Orchester schlicht Junge Philharmonie Brandenburg. Weshalb das Wortungetüm Landesjugendsinfonieorchester hier wohl auch zum letzten Mal zu lesen ist.

Jörg Königsdorf

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